Es wird vielleicht verwundern, dass wir das Thema 'Kadett' noch einmal aufgreifen, um uns dessen Technik etwas genauer anzuschauen. Noch mehr, wenn wir dabei gerade das Fahrwerk meinen. Was kann am ersten Kadett der Neuzeit an dessen Starrachse schon besonders sein?
Nun gut, auf den ersten Blick handelt sich um eine Starrachse mit Blattfedern, scheinbar auch von denen geführt. Genau da liegt aber schon die erste Fehleinschätzung, denn die Blattfedern sind nicht, wie allgemein üblich, fest mit der Achse verbunden, sondern ermöglichen ihr eine gewisse Verdrehung.
Zweifellos gehört hier der Achsantrieb zu den ungefederten Massen, aber die Kardanwelle ist nicht sichtbar durch ein Rohr geführt. Dieses Rohr bildet mit der Starrachse eine Einheit und ist an seinem vorderen Ende über ein sogenanntes Zentralgelenk mit der Karosserie verbunden.
Genau hier hat auch die Kardanwelle ihr einziges Gelenk, um weiter nach vorn wieder in einem zweiten Rohr zu verschwinden. Denn dieses Zentralgelenk heißt so, weil es auch neben vorn links und rechts die dritte Stütze für den Antriebsblock bildet.
Auf dem Bogen um das Zentralgelenk kann also die Hinterachse einfedern und sich dabei leicht verdrehen. Brems- und Antriebskräfte werden vom Rohr zum Zentralgelenk übernommen. Die Blattfedern sind von Brems- und Antriebskräften befreit und können einfedern, ohne sich durch eine eventuelle S-Form zu verhärten.
Hier sehen Sie eine Prinzipskizze der Hinterachse. Das Zentralgelenk ist hier nur unvollkommen und durch eine Blattfeder ersetzt. Diese soll zeigen, wie es bei einseitigem Einfedern belastet wird. Opel weist in seinem Prospekt extra auf die Stabilisatorwirkung der Hinterachse hin, diesmal eben ohne den uns eher geläufigen Drehstab.
Die Vorderachse ist ebenfalls blattgefedert, obwohl es sie sich doppelter Querlenker bedient. Nein, die Blattfeder braucht sich auch hier nicht um die Radführung zu kümmern. Sie besteht aus drei Lagen, mit einem gewissen Abstand voneinander. Denn dämpfen soll sie nicht, das wird vorn und hinten von Teleskopdämpfern erledigt.
Nein, einen Stabilisator hat die Vorderachse auch nicht, ist vorn vielleicht nicht so sinnvoll wie hinten. Wäre die Querblattfeder in ihrer Mitte völlig fest mit dem Aufbau verbunden, würde jede Seite die Hälfte von ihr beanspruchen. Die korrekte Bezeichnung lautete dann 'Viertelelliptik-Feder'.
Da sie aber leicht beweglich angeordnet ist, soll sie die Wirkung eines Querstabilisators haben. Wenn sie mich fragen, ist genau das Gegenteil der Fall. Was auch gut zu der Untersteuerneigung des Frontmotor-Wagens passen würde, zusammen mit der schon beschriebenen stabilisierenden Wirkung der Hinterachse. 01/15