Man sieht es dem Wagen gar nicht an, dass er so eine wichtige technische Errungenschaft unter seiner Haube hat. Damit könnte man ihn in eine Reihe mit dem berühmten Mercedes 300 SL stellen. Sie ahnen es schon, es ist eine der ersten Benzin-Direkteinspritzungen, die hier allerdings mit einem Zweitakter zusammenarbeitet. Der Ruhm, der erste gewesen zu sein, gebührt freilich einem anderen, nämlich dem Gutbrod Superior. Im Bild unten sehen Sie ihn zusammen mit seinem Motor.
Das ist der wahre Champion. Er darf sich mit Fug und Recht als der erste Serienwagen der Welt mit Benzin-Direkteinspritzung bezeichnen. Er heißt auch noch so, Superior der Überlegene, stammt von der kleinen Firma Gutbrod in Plochingen, die schon in den 30er Jahren mit Motorrädern und Kleinwagen in Erscheinung getreten ist. Der Gutbrod Superior hat zu Beginn seiner Laufzeit 1950 noch Vergaser, wird erst 1951 auch mit Bosch-Einspritzpumpe und elektrischer Förderpumpe angeboten. Er kann sich nicht durchsetzen, obwohl er 3 kW (4 PS) mehr hat und über 20 Prozent weniger als der mit Vergaser verbraucht. Auch eine Kombi-Version kann die Situation nicht retten. Die Firma meldet Ende 1953 Vergleich an, kann aber ihre Landmaschinen-Sparte noch retten. Die beteiligten Ingenieure van Winsen und Scherenberg werden praktisch mitsamt der Einspritz-Technik von Daimler-Benz übernommen, letzterer wird dort Entwicklungs-Chef. Goliath als Teil von Borgward wird mit seinem 700 E immer mit genannt, profitiert aber eigentlich von der zwischen Bosch und Gutbrod geleisteten Vorarbeit, übrigens ebenso wie von der Zweitakt-Entwicklung bei DKW. Unten sehen Sie die Einbindung des Zweitaktmotors in den Frontantrieb. Borgward liefert nur eine geräumigere Karosserie und hat als deutlich größere Firma das bessere Knowhow. Beim Superior werkelt z.B. noch ein unsynchronisiertes Dreiganggetriebe, während der Goliath vier synchronisierte hat. Trotzdem schafft es auch Borgward gleichzeitig mit Gutbrod auf die erste Nachkriegs-IAA 1951 in Frankfurt. Daher wohl der gemeinsame Ruhm. Welche Vorteile hat denn nun der erste Benzin-Direkteinspritzer? Beim Zweitakter natürlich besondere, weil erst eingespritzt wird, wenn die Auslasskanäle schon geschlossen sind. Es wird also mit reiner Luft gespült und daher resultiert auch der größte Teil der Kraftstoffersparnis. Außerdem ergibt sich quasi automatisch eine Getrennschmierung. Der obige 900 E hat demnach auch keinen Freilauf mehr. Auch soll sein Auslass wesentlich verträglichere Abgase ausstoßen als gemeinhin von Zweitaktern gewohnt. Man fährt sehr kommod mit einer dem 2CV oder dem R4 in etwa vergleichbaren Schaltung. Der Motor wird als leise beschrieben, solange er deutlich unterhalb der Höchstgeschwindigkeit agiert. Die Fahrleistungen entsprechen denen der damaligen Mittelklasse. Die Lenkung ist auch der Knackpunkt der ersten Superiors, offensichtlich trotz Zahnstangenlenkung ein Frontantriebs-Problem. Hier im Gutbrod ist sie zu schwergängig geraten. Dagegen werden die Bremsen hoch gelobt. Die Karosserie gilt in dieser Zeit als geräumig und weil der Tank noch vorn Platz hat, steht einem intensiven Gebrauch des Gepäckraums nur das liegende Reserverad im Wege. Die Sitzbank vorn ist sogar während der Fahrt verstellbar, die Lehnen nicht. Allerdings können diese schräg nach vorn geklappt werden, um den Zutritt zur Rücksitzbank des Zweitürers zu gewährleisten. Natürlich gibt es einen Hersteller, der diese Entwicklung noch besser zu nutzen versteht, Daimler-Benz. Zur Benzin-Direkteinspritzung ergibt sich nicht nur der mit dem 300 SL verbundene Ruhm, sondern eine zwar kurze, aber beispiellose Rennkarriere. Etwas später baut man zwar nicht mehr die direkte, aber unter dem Kürzel 'SE' die für lange Zeit nicht mehr wegzudenkende Saugrohreinspritzung ein. 02/15