1954 Mercedes 300 SL (2)
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Er gilt trotz des ersten Einsatzes dieser Einspritzung im Gutbrod Zweitakter als erster Serienwagen mit Benzin-Direkteinspritzung. Zusätzlich erhält er noch das Etikett 'Schnellster Serienwagen' seiner Zeit.
Schwergängige, direkte Lenkung |
Aber alles der Reihe nach. Da ist zunächst der etwas schwierige Einstieg, den allerdings auch Frauen nach einer gewissen Übung auch ohne Hosenanzug meistern können. Auf der Fahrerseite hilft das klappbare
Lenkrad.
Von der Ausstattung her bemerkt man die zu der Zeit bei Sportwagen bzw. Cabriolets häufige Befestigung des einzigen (!) Rückspiegels auf dem Armaturenbrett. Das ist insofern ungünstig, als der Raum hinter den
beiden Vordersitzen ausschließlich für Gepäck genutzt werden kann. Den Gepäckraum hinten beherrschen Tank und Reserverad fast vollständig.
Lenkrad nicht verstellbar |
Ob ein Wagen mit einem solchen Überholprestige eine Lichthupe (nur gegen Aufpreis) braucht, die man für solche Zwecke ohnehin nicht einsetzen soll, darüber kann man streiten, aber eine Scheibenwaschanlage
(nur gegen Aufpreis) sogar mit elektrischer Pumpe ist zur Zeit seiner Entstehung schon Standard im oberen Preissegment.
Pech, wenn man mit diesem Wagen angehalten wird und um die Herausgabe der Papiere gebeten wird. Dann muss man die betreffende Person bitten, einen Schritt zurückzutreten und die Flügeltüre öffnen. Denn
nur das vordere sehr kleine Dreiecksfenster ist das einzig zu öffnende.
Fahrwerk nur in Extremsituation kritisch. |
Erstaunlicherweise legt der Wagen beim Motorstart und im Fahrbetrieb alle Besonderheiten ab. Im Gegenteil, man wird auch bei heutigen Fahrzeugen lange suchen müssen, um ein schon bei Leerlaufdrehzahl im
höchsten Gang (ca. 25 km/h nach Prospekt) ohne Ruckeln und Spiel in den Übertragungsbaugruppen bis zur Höchstgeschwindigkeit beschleunigendes Auto zu finden.
Wobei die ziemlich direkte Lenkung ohne Servo sich schon wieder mehr von der Alltagstauglichkeit entfernt. Auch der sonst sanfte Motor wird hörbar, wenn man ihn, besonders bei höheren Geschwindigkeiten
fordert. Dann kennt auch der ansonsten im Rahmen bleibende Verbrauch kein Halten mehr. Die Einspritzanlage kann im Gegensatz zu Vergasern auch schon den Luftdruck berücksichtigen.
Sehr unproblematischer Motor |
Interessant sind die Bremsen, die sich nach dem Stand der Technik mit Trommeln begnügen müssen. Diese haben zwar eine große Oberfläche, die aber so wirksam wie möglich nicht werden kann, weil sie
schlicht die Felge komplett ausfüllt. Das gilt wohl auch für ihre Breite, weshalb trotzdem Bremsmanöver hinter heutigen Supersportwagen nicht ganz ungefährlich sein dürften.
Viel Drehmoment schon ab 1000/min |
Für heutige Verhältnisse ist der 300 SL ein Leichtgewicht. Die Stäbe von Gitterrohrrahmen sind, Querträger ausgenommen, nur auf Zug und Druck und nicht auf Biegung belastet, was sie besonders leicht bauen
lässt. Allerdings nehmen sie im Auto viel Raum ein, was den 300 SL alles andere als raumökonomisch sein lässt. Damalige Verhältnisse relativieren das günstige Leergewicht (Stichwort SL) ein wenig.
Traumauto, nicht nur der 50er ... |
In der ersten Serie noch ohne Roadster ist die Zweigelenk-Pendelachse eingebaut. Sie wird trotzdem im
zeitgenössischen Test relativ gut beurteilt. Nur vor dem fern vom normalen Handling liegenden, absoluten Grenzbereich warnt man. Hier kann das vom Hersteller im Gegensatz zu heute angestrebte leichte
Übersteuern in ein plötzlich auftretendes, heftigeres Wegwischen der Hinterachse münden. Insgesamt weist die spätere Pendelachse deutlich weniger kritische Sturzänderung beim Einfedern auf.
01/15
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