Motorrad 4
Vielleicht hat man eine Vorstellung von der enormen Beschleunigung eines Superbikes, obwohl auch die vielleicht von der Realität noch übertroffen werden kann. Das kann schon zu unangenehmen Körperreaktionen
führen, besonders als Beifahrer(in). Wir wenden uns dem Thema Kurvenfahrt zu und ich muss schon sagen, wenn ich manche Schräglagen sehe, glaube ich eher, dass die Physik hier außer Kraft gesetzt ist.
Trotzdem müssen wir uns an diese halten. Wie man mit einem Motorrad in die Kurve kommt, ist im zweiten Teil schon erklärt worden. Jedenfalls nicht so, dass man exakt in den Verlauf der Kurve hineinlenkt, sondern eher
das Gegenteil. Egal, ob sie durch Hineinlegen oder durch Gewichtsverlagerung eingeleitet wurde, in der Kurve stellt sich dann ein Gleichgewicht zwischen Gewichtskraft (Bild oben, grün) und Fliehkraft (blau) ein.
Natürlich richtet nicht nur die Fliehkraft das Motorrad auf, sondern auch die Kreiselkräfte. Durch Verlagerung des Körpers und Ausfahren des Knies fast bis zur Bodenberührung vergrößert man die Kippneigung. Trotzdem
ist das Gleichgewicht ein fragiles. Ändert sich irgend erwas an der Bodenhaftung, beginnt die Maschine zu straucheln. Dann ist viel Gefühl angesagt, sie wieder einzufangen.
Viele Vorgänge stellen sich bei Kurvenfahrt sozusagen automatisch ein. Problematisch sind auch Änderungen der Geschwindigkeit in der Kurve. Beschleunigung richtet das Motorrad eher auf, Verzögerung lässt es eher
kippen. Beide Phänomene müssen durch den/die Fahrer(in) ausgeglichen werden, wollen sie das Kurvenende wie geplant erreichen.
Dabei sollten die dynamischen Veränderungen nicht zu plötzlich geschehen. Bei dem enorm geringen Leistungsgewicht ist dabei stoßartiges Beschleunigen fast ebenso schlimm wie plötzliches Bremsen. Viel wird getan
zur Dosierung der Bremsen (ABS, Intregal-Systeme) und zur Beruhigung des Antriebs (Anti-Hopping-Kupplung, indirekte Gasannahme).
Die Kurven sind beim beliebten Vergleich zum sportlichen Vierrad meist auch die eher motorradtechnisch schwieriger zu beherrschenden. Hier werden trotz Ausnutzung der vollen Straßenbreite u.U. Zehntel verloren, die
beim anschließenden Beschleunigen wieder aufgeholt werden. Dann kommt es nur noch darauf an, wie viele Anteile mit Höchstgeschwindigkeit die Strecke hat, die dem Motorrad mit seinem schlechten cW-
Wert schaden.
Natürlich ist neben der Lage des Schwerpunktes auch das Leergewicht wichtig. Beim Auto spart man zuerst am Gewicht der ungefederten Massen, weil das doppelten Effekt hat. Beim Motorrad kommen wieder die
Kreiselkräfte ins Spiel, weil alles, was sich dreht, eine Beeinflussung in eine bestimmte Richtung darstellt, die ein z.B. sensibles Rennmotorrad weniger handlich macht. Deshalb sind hier besonders leichte Drehteile wie
z.B. Felgen aus Verbundwerkstoff möglich. 06/12
|