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1951 Mercedes 300 S




Die erste Mercedes-Neuentwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Typenbezeichnung gilt für das Coupé und das Cabrio. Also kann man bei letzterem das Dach ohnehin nicht zur Mitarbeit heranziehen, einer der Gründe, warum bei diesem Wagen noch keine selbsttragende Karosserie verwirklich wird. Es gibt also noch ein Chassis klassischer Bauart, und was für eins.

Je ein massiver rechteckiger, hochkant eingebauter Träger verbindet ein vorderes Querrohr nach außen gehend mit einem hinteren unmittelbar quer vor der Hinterachse. Nach vorn gehen sie weiter bis kurz vor der Stoßstange. Ovale Rohre verstärken den Mitteltunnel. Das Coupe verfügt über den gleichen Rahmen und dürfte damit sogar überdimensioniert sein.

Die Stoßstangen sind mit speziellen Haltern vorn und hinten an den Längsträgern befestigt, was ihnen im Falle eines leichten Aufpralls eine gewisse Bewegungsfreiheit ermöglicht. Hinten erreicht das Chassis eine solche Höhe, dass sich die beiden Enden der Pendelachse über Schraubenfedern darauf abstützen. Vorne gibt es ebenfalls Schraubenfedern an für die Wagengröße sehr filigran erscheinenden Doppelquerlenkern.


Die Karosserie wirkt besonders in der Draufsicht sehr glattflächig. Wie bei den letzten Vorkriegsfahrzeugen gibt es den (von oben) trapezförmigen Motorraum mit sehr hoch ansetzenden Kotflügeln, die erst im Bereich der Türen in die Trittbretter übergehen. Nach vorn münden sie in den Scheinwerfern. Schon serienmäßig sind rechts und links vom Kühlergrill zwei fast halbkugelförmige Zusatzscheinwerfer eingebaut.

Die massiven Chromstoßstangen tragen enorme Stoßstangenhörner und Gummiauflagen, für die Zeit reichlich ungewöhnlich. Schön die schlanken und ellenlang verchromten Blinker auf den Kotflügeln. Die Türen sind vorne angeschlagen, was sich so allmählich durchsetzt. Durch ihre enorme Länge verbinden sie Front und Heck, keine Dreiecksfenster oder sonstige Unterteilungen. Wunderschön das Landau-Gestänge am Verdeck des Cabrios.

Im Heck tut sich die Karosserie einigermaßen schwer, den riesigen Gepäckraum zu verkleiden. Zu der Masse passt der Knebel der Haube eigentlich ganz gut, nicht aber die seitlich oberhalb der Kotflügel angebrachten Blinker. Vielleicht hat sich erst in letzter Minute herausgestellt, dass ein in die eleganten Rückleuchten integrierter Blinker wegen der riesigen Stoßstangenhörner nicht aus allen Richtungen zu erkennen ist.


Einen längs eingebauten Reihen-Sechser kann man sich natürlich vorstellen. Überrascht wäre man von der vergleichsweise riesigen Öffnung auf der Seite, die durch ein ebensolches Blech verschlossen sein muss. Wie es sich für ein solches Spitzenmodell gehört, ist die Kurbelwelle siebenfach gelagert und hat auch schon entsprechende Gegengewichte. Mit anderen Worten, diesen Motor dürfte man kaum hören. Interessant der relativ große Durchmesser im Anlasser-Zahnkranz. Hier soll wohl eine größere Übersetzung die Arbeit erleichtern.

Im Unterschied zu heute dichten drei Kolbenringe ab und ein Ölabstreifring sorgt für den Erhalt des Ölvolumens. Keine Besonderheiten bietet die vierfach gelagerte, obenliegende Nockenwelle mit Schwingungsdämpfer, die über Schlepp- bzw. Schwinghebel die Ventile öffnet. Ungewöhnlich hingegen die Gemischaufbereitung, die von drei Einfach-Fallstromvergasern geleistet wird. Kein Wunder, dass hier die später eingeführte Einspritzanlage deutliche Mehrleistung erbringt.

Wenig Überraschung bei der elektrischen Anlage, deren Schaltplan auch bei einem solchen Luxusauto fast noch auf ein DINA-4-Blatt passt. 12 Volt-Anlagen sind allerdings zu der Zeit noch eine Seltenheit. Auch der Komfort eines Magnetschalters ist noch längst nicht in jedes Auto vorgedrungen. Der Starter des 300ers muss jedenfalls nicht über Seilzug betätigt werden.


Schauen Sie sich zur Abwechslung einmal das Armaturenbrett an. Es hat noch keine Polsterung zur passiven Unfallverhütung, zeigt aber dafür wunderschöne Holzarbeiten mit einer Uhr als Krönung oben in der Mitte. Hier taucht auch zum ersten Mal der Tacho mit den Zusatzinstrumenten links und rechts auf. Der Lenkrad-Pralltopf ist ebenso wenig entschärft wie die starre Lenksäule. Als Blinkerbetätigung muss man den Lenkradkranz drehen und natürlich auch selbst zurückstellen. Lenkradschaltung ist weit verbreitet und hier sogar mit vier voll synchronisierten Gängen kombiniert.

Seltenheitswert hat das originale Becker-Europa-Radio, das sehr gut zu dem vielen Chrom passt. Kaum weniger verletzungsgefährlich als die Lenkung ist die Handbremse. Daneben im Fußraum die Fernlichtbetätigung und etwas höher der Druckknopf für die Zentralschmierung, die wir heute nur noch vom Lkw oder automatisch gesteuert von der Motorradkette her kennen. Drückt man übrigens auf die Hupe, so ertönt eine Dreiklang- Signalanlage.

Beschäftigen wir uns mit der aktiven Sicherheit. Trommelbremsen sind das Maß aller Dinge, die Scheibenbremse kommt zaghaft erst im nächsten Jahrzehnt. Vorne in Duplex- und hinten in Simplex-Anordnung, so werden sie noch längere Zeit gebaut werden, immerhin ab 1954 bei diesem Spitzentyp mit Servo-Unterstützung. Bei hydraulischem Defekt muss man auf die Handbremse zurückgreifen, weil keine Aufteilung in zwei Kreise vorhanden ist. Aber dafür ist die Handbremse aufwändig konstruiert, hinten sogar mit Bremswellen.

Die Pendelachse gilt als Einzelradaufhängung und damit technisch gesehen als fortschrittlich, auch wenn ihr einziges Gelenk noch nicht nach unten versetzt ist wie in der späteren Version. Aber wer wird mit diesem schweren Wagen durch die Kurven donnern, so dass sich die Hinterräder mit positivem Sturz aufstellen und ein leichtes Kippmoment erzeugen? Ansonsten keine Besonderheiten, vielleicht nur, dass die Vorderachse einschließlich Stabilisator ungewöhnlich viele Lenker hat und dafür das Lenkgetriebe mit seinem Lenkfinger relativ einfach ist.








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