Der Begriff im Titel deutet auf die Finanzierungsseite eines Konzerns. Wir wollen die Schwierigkeiten hier einmal etwas genauer betrachten. Es steht der Daimler-Konzern schon seit langem deutlich mehr im rauen Wind auch der Globalisierung als z.B. BMW mit einem Hauptaktionär (Quandt) und VW (Audi) mit immerhin 20 Prozent Staatsbeteiligung. Das liegt natürlich auch daran, dass Daimler und Benz zu den Urgesteinen der Automobilgeschichte gehören, während es sich bei BMW und VW doch eher um Newcomer handelt.
Schon früh weckt der Hersteller von eher teuren Autos Begehrlichkeiten. Sind dessen Autos beliebt, sind es auch die Aktien. Wer sich so ein Auto leisten kann, der kann sich evtl. auch die Aktien leisten. Allerdings will er mit dem Auto in der Regel kein Geld verdienen, mit den Aktien wohl. Und da liegt der Hase im Pfeffer. Wir wollen zu zeigen versuchen, wie Mercedes mit dem Strudel des Aktienmarktes zu kämpfen hat.
Erstes prominentes Beispiel ist Friedrich Karl Flick. Er ist Jahrgang 1883 und wächst in behüteten bürgerlichen Verhältnissen auf. Von dem späteren Weg zum Milliardär ist außer einer deutlich zutage tretenden Vorliebe fürs Geld noch keine Spur. Er absolviert das Gymnasium, den Militärdienst und wird nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre Prokurist in einem großen Hüttenbetrieb.
Nach seinem Aufstieg zum dortigen Direktor wird der Erste Weltkrieg für die Stahlproduktion in Siegen zum Glücksfall. Das seltene Manganerz wird hier zur Waffenproduktion gebraucht und gut bezahlt. Privat hat Flick ein Abkommen mit einem Haupt-Zulieferer für Schrott, der ihm zusätzliches Geld bringt. So gelingt es ihm, im Verlauf des Krieges mehr als die Aktienmehrheit an dem Hüttenwerk zu erlangen.
Der Besitz eines Werkes mit immerhin 1200 Beschäftigten verschafft Flick Geldmittel und Macht an der Börse. Sein jüngerer Vetter Kaletsch ist absolut loyal und für den Finanzbereich zuständig. Den beiden kommt nicht zuletzt die bis 1923 galoppierende Inflation zugute. Sie handeln praktisch mit Stahlwerken, nutzen die Not derer, die in diesen schlechten Zeiten verkaufen müssen. So entstehen die gegenüber dem Siegener Mutterbetrieb fast hundertfach größeren Vereinigten Stahlwerke, in denen Flick eine immer wichtigere Rolle einnimmt.
Das sind natürlich längst keine reinen Stahlwerke mehr. Dazu gehört auch die Kohle- und Erzgewinnung. Jetzt versucht Flick sein industrielles Reich nach Westen hin auszudehnen. Von seinem Einfluss her gelingt dies auch, aber die Akzeptanz der Krupps und Thyssens wird ihm versagt bleiben. So trifft der inzwischen von den Beteiligungen her wohl mächtigste Mann der Stahlindustrie auf die Weltwirtschaftskrise Ende der Zwanziger. Und hier kommt zum ersten Mal eine besondere Methode Flicks zum Tragen, die ihn durch die Krise rettet.
Die Spendenpraxis von Flick für die Politik, speziell natürlich Regierungsparteien, spielt offensichtlich für die Entstehung und jetzt den Erhalt des Flick-Konzerns eine große Rolle. Schon damals löst diese Subventionierung angesichts von 6 Mio. Arbeitslosen einen Skandal aus, wie auch viel später nach seinem Tod, als seine ungeniert weiter betriebenen Geldzahlungen an die Politik als Schmiergeld Verhaftungen und Verurteilungen bewirken. Diesmal gelingt es noch ohne.
Schon vor der Machtergreifung erhalten auch die Nazis einen allerdings kleineren Teil des Budgets. Die werden wieder einen Krieg führen und ihn dafür wohl brauchen. Er wird sich dem Freundeskreis Himmler anschließen, also nicht so ganz unbeteiligt am politischen Treiben sein. Man sagt Flick nach, er habe unter den braunen Machthabern nicht nur von dem Notverkauf mit dem Leben bedrohter Juden, sondern auch von den Eroberungen während des Zweiten Weltkrieges profitiert. Außerdem wird ihm, wie den meisten Großunternehmern jener Zeit, die Mitverantwortung bei der Beschäftigung und Misshandlung von Zwangsarbeitern vorgeworfen.
1947 wird Friedrich Karl Flick bei den Nürnberger Prozessen zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Vielleicht ist es seine Gabe, nach jedem KO auch wieder aufzustehen und weiter zu machen. Neben seiner Haft muss Flick auch noch den Verlust seines zweitältesten Sohnes Rudolf beklagen, als Soldat im Krieg gefallen. Sein Verhältnis zu seinem ältesten erweist sich als äußerst belastet. Es kommt später sogar zum Prozess zwischen Vater und Sohn. Der jüngste Friedrich Karl Flick wird zwar den Konzern erben, ihn aber nur mit der Hilfe von Eberhard von Brauchitsch führen können.
Sein Vetter Konrad Kaletsch ermöglicht das Führen der Geschäfte aus dem Gefängnis heraus. Es geht um einen kleinen verbliebenen Rest, das größte Stahlwerk Bayerns, die Maxhütte. Verzweifelt kämpft Flick um die Wahrung seiner Besitzanteile. Wieder einmal kommt ihm die von ihm so gut versorgte Politik zur Hilfe. Sie wird für 20 Mio. DM eine Art Interimsbesitzer von 26 Prozent der Anteile, die Flick nach erfolgreichem Wirtschaften später wieder zurückkauft. 1950 wird Flick mit 67 Jahren entlassen und kann sich jetzt direkt in die Schaffung eines neuen Konzerns einschalten. Trotz der gewaltigen Enteignungen im Osten sind ihm z.B. Betriebe der Ruhrkohle geblieben, die er jetzt unter dem Druck der Alliierten verkauft.
Für den Mangel an Investitionsmitteln sind Mitte der Fünfziger fast 250 Mio. Mark eine gewaltige Summe. Flick verlässt damit die Stahlbranche und investiert in andere Bereiche, u.a. auch 42 Prozent in Daimler Benz. Nach dem Krieg ist Daimler fast ohne Konkurrenz, nahe daran, auch noch BMW zu schlucken. Audi ist zunächst nicht in VW- sondern in Mercedes-Hand. Man hat das Gefühl, der Konzern wächst ohne Ende und kann sich die Entwicklungsrichtung aussuchen. Und Flick wächst mit. Aber anders als beispielsweise Quandt bei BMW sieht Flick dies als Investition an. Er nimmt wohl eher weniger Einfluss. Vermutlich fehlt ihm aber auch die Zeit, weil sein Imperium neben immer noch der Stahl-, auch die Papier- und Chemiebranche tangiert.
Er ist wieder wer, allerdings auch bedingt durch das riesige Vorkriegsvermögen und die Gewinne im Krieg. Weiterhin betreibt er die Finanzierung der Politik, die sich einmal mehr als nützlich erweisen wird. Das System ist verfeinert worden. Statt einer Verbindung eines Unternehmens zu einer Partei gibt es jetzt die Staatsbürgerliche Vereinigung als Geldsammelstelle. Flick stirbt 1972 wohl als der reichste Mann Deutschlands. An seiner Haltung gegenüber der Vergangenheit hat sich nichts geändert. Der jüngste Sohn Friedrich Karl wird zusammen mit Eberhard von Brauchitsch die Firmenleitung übernehmen.
Die Geldverteilpraxis schreitet unangefochten voran. Zur SV kommen jetzt auch noch gezielte Spenden an einzelne Politiker. 1975 will sich die Flick KG von 29 des 39 Prozent-Anteils an Daimler-Aktien trennen, um diese in andere Werke zu investieren. Zwei Mrd. sind die inzwischen wert, die Hälfte allerdings ans Finanzamt zu überweisen. Das will man begreiflicherweise verhindern und wieder einmal erweist sich das Schmiersystem für die Politik als hilfreich. Der Wirtschaftsminister kann davon befreien, aber nur bei förderungswürdiger Wiederanlage. Das ist vermutlich für die knappe Hälfte der Summe nicht der Fall. Wirtschaftsminister Friderichs erteilt das Testat trotzdem. Sein Nachfolger Lambsdorff setzt die Praxis zunächst fort.
Doch die Sache bleibt diesmal nicht ungesühnt. Fast wünschte man sich, dabei gewesen zu sein, wie die Staatanwaltschaft 1981 die Flick-Büros durchsucht bis hinauf zu von Brauchitsch. Offenbar ist es der Justiz in der Bundesrepublik gelungen, ihre Unabhängigkeit gegenüber der Politik wieder zu erlangen. Von Brauchitsch wird 1987 zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Bei Friderichs bestätigt das Gericht den Verdacht von Barzahlungen von Flick. Er und Graf Lambsdorff wurden letztlich aber 'nur' wegen Steuerhinterziehung rechtskräftig verurteilt. Flick hat angeblich nichts gewusst, bleibt straffrei und verkauft 1987 den Konzern für 5 Mrd. an die Deutsche Bank.
Viel Wind um das Symbol des deutschen Wirtschaftswunders, Daimler-Benz. Was lernen wir daraus? Mercedes kann offensichtlich seine Investitionen aus eigenen Gewinnen tätigen und ist trotzdem hoch profitabel. Der Verkauf der Flick-Aktien zeigt aber auch, dass zumindest dieser Aktionär dem Konzern nicht ein ähnliches Wachstum in der Zukunft zutraut. Das erweist sich eine gewisse Zeitlang nach 1975 noch als falsch, denn der Konzern bleibt hoch profitabel. Immerhin behält ja Flick noch 10 Prozent.
Daimler trifft es doppelt, denn schon 1974 hat Quandt 14 Prozent an Kuweit verkauft. Die Flick KG nutzt den Deal geschickt ein Jahr später, um den kompletten Verkauf seiner 39 Prozent an den Iran anzudrohen. Hier kommt die deutsche Bank ins Spiel, die damit die Mehrheit von Daimler in ausländische Hände gehen sieht. Erst durch sie wird die Beschränkung des Flick-Verkaufs auf 'nur' 29 Prozent wirksam. Die später erfolgte Steuerbefreiung ist in diesen Deal wohl mit einbezogen.
Und glauben Sie ja nicht, damit seien die Probleme gelöst. Denn was macht so eine Deutsche Bank mit 29 Prozent der Mercedes-Aktien? Zunächst einmal kauft sie diese erst, wenn sie weiß, was sie damit macht, denn 2 Mrd. hat sie nicht in der Portokasse. Und an den Zinsen würde sie wohl verhungern. Aber auf den (Börsen-) Markt werfen kann sie diese auch nicht. Je weniger Leute zugreifen (könnten), desto stärker würde der Wert schrumpfen. Was, wenn die Bank für die Differenz aus Verkauf und Erlös aufkommen müsste. Wie die Bank weiter vorgegangen ist, können Sie hier nachlesen. 10/12