 1949 Mercedes Unimog
Viele Firmen im Kfz-Bereich haben während des Krieges auch mit dem Flugzeugbau oder zumindest mit der Herstellung von Flugzeugantrieben zu tun und Mercedes-Benz ganz besonders. Albert Friedrich ist als
Ingenieur für diesen Bereich zuständig und er kann sich, als der Zweite Weltkrieg für Deutschland verloren ist, schon ausrechnen, dass die Produktion von Flugzeugen von den Siegermächten als erstes verboten wird.
Es kommt noch schlimmer, denn der Morgenthau-Plan der Amerikaner besagt, Deutschland zu entindustrialisieren und daraus ein reines Agrarland zu machen. Logische Konsequenz des Herrn Friedrich, er
konstruiert statt der Flugzeugteile schon während des Krieges ein für die Landwirtschaft hilfreiches Fahrzeug. Dass sich dieses einmal auch unglaublich viele andere Bereiche erschließen würde, daran hat er wohl
nicht gedacht.
Zunächst muss er mit den Schwierigkeiten nach Kriegsende klarkommen. Es herrscht neben den allgemeinen Versorgungsengpässen auch Mangelwirtschaft im industriellen Bereich. Die Werke von Mercedes-Benz
sind zu hohen Prozentzahlen zerstört. Den übrig gebliebenen Werten droht Demontage und Abtransport in die Länder der Besatzer. In der Firmenleitung herrscht ebenfalls Chaos.
Noch ist Dr. Haspel Chef, aber er wird im Rahmen der Entnazifizierung für 3 Jahre aus diesem Amt entfernt werden. Er kann das Projekt des Herr Friedrich nicht unterstützen und die neue Firmenleitung ist nicht davon
zu überzeugen, weil man auf diesem Gebiet schlechte Erfahrungen gemacht hat. Immerhin erhält er von der Militärregierung grünes Licht für seine Arbeit.
Worin unterscheidet sich nun das neu konzipierte Fahrzeug vom Traktor? Ein Traktor ist in der Regel rund um seinen Antrieb herum aufgebaut, hat also nur seinen gesamten Antrieb als Chassis und bestenfalls die
Vorderachse daran aufgehängt. Der später Unimog getaufte Wagen verfügt über einen Leiterrahmen und entsprechende Federung für alle vier Räder.
Obwohl die Räder deutlich kleiner als beim Traktor sind, kommt er durch spezielle Getriebe in den beiden Starrachsen auf eine mindestens ähnliche Bodenfreiheit. Typisch für den Unimog ist auch eine Ladefläche für
Sachen und evtl. auch Personen und die Möglichkeit, eine höhere Geschwindigkeit zunächst bis 50 km/h zu erreichen.
Die ehemalige Zugehörigkeit des Herrn Friedrich zu Mercedes-Benz erweist sich als günstig, obwohl er bald mit der Fa. Erhard & Söhne in Schwäbisch Gmünd zusammenarbeitet, mit ihm mehrere Mitarbeiter, die dort
ein wirksames Team zur Konstruktion, Anpassung an die landwirtschaftlichen Bedürfnisse und zum späteren Test innerhalb einer Versuchsabteilung bilden.
So weit ist es aber noch nicht. Es fehlt zunächst an Geld und Beteiligungen. Es gibt zwar einen großen Zugzwang von Industriebereichen, die direkt nach dem Krieg verboten werden, aber auch manche Dissonanz
hinsichtlich der Bedingungen. So scheidet der Flugzeughersteller Heinkel nach anfänglichem Interesse wieder aus.
Es bleiben die Firma Boehringer, deren Fertigung im Maschinenbau nicht mehr möglich ist und Friedrichs eigenes Geld, die Sache voranzubringen. Die Mitte des Jahres 1946 kann als endgültiges Datum zur
ungefähren Festlegung der Konstruktion und des Namens Universalmotorgerät gelten.
Es folgt die keineswegs leichtere Prozedur der Materialbeschaffung für den ersten Prototypen. Darunter darf man sich keinesfalls ein fertiges Fahrzeug, sondern nur Rahmen, Antriebseinheit und Fahrgestell vorstellen.
Das Fahrerhaus mit Abdeckplane wird erst etwas später fertig und eine vollkommen geschlossene Kabine wird noch bis 1953 auf sich warten lassen.
Wieder aufgrund der niemals abreißenden Beziehungen zu Mercedes wird das Fahrzeug von einem Benzinmotor des 170V angetrieben. Der für diese Verwendung unbedingt nötige Dieselmotor ist noch in der
Entwicklung und steht erst ab 1947/48 zur Verfügung. So kommt ein glücklicher Umstand zum anderen, z.B. die Währungsreform im Juni 1948.
Schon früh wird die anvisierte Zielgruppe mit Informationen und Vorführungen versorgt, um die dort herrschenden Bedenken auszuräumen. Das Fahrzeug wird deshalb schon bald mit allen möglichen
Zusatzeinrichtungen versehen, von denen im Anfang wohl die spektakulärste der Pflug ist, der Unimog auch unter schwersten Bedingungen beherrschen muss.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Spurweite des ersten Unimog an den Pflanzenreihen der Kartoffelfelder ausgerichtet ist. Es wird also, besonders während der Beteiligung des Herrn Friedrich an
dem Projekt, vorrangig an die landwirtschaftliche Nutzung gedacht. Als sich das später auch hin zu einem militärischen Einsatz ändert, verabschiedet sich Friedrich.
Aber so weit ist es noch nicht. Erst einmal kommt, nach einer langen Phase des Testens mit inzwischen fünf Prototypen und diversen Vorführungen bei landwirtschaftlichen Organisationen und Behörden 1949 der
Beginn der Serienfertigung des Unimog mit Dieselmotor des 170V (allerdings mit 18 statt 28 kW), sechs Vor- und zwei Rückwärtsgängen, Allradantrieb, Differenzialsperren und Starrachsen mit Schraubenfedern und
Stoßdämpfern.
Inzwischen besteht also eine Gesellschaft mit genau festgelegten Anteilsprozenten und auch eine Ein- und Verkaufsabteilung, ohne deren Vorarbeit die Vorserie von 600 Stück nicht absetzbar gewesen wäre. Man
nennt sie auch die Böhringer-Serie, bis 1951 die Fertigung von Mercedes Gaggenau übernommen wird.
Definition eines Unimog 1946 (nach Daimler) |
Höchstgeschwindigkeit 50 km/h (ein Traktor fuhr nur halb so schnell) |
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Allradantrieb und Differentialsperren vorn und hinten |
Bremsen an Vorder- und Hinterachsen (beim Traktor nur an Hinterachse) |
Zweisitziges Fahrerhaus mit geschlossenem Verdeck und gepolsterten Sitzen |
Hilfsladefläche über der Hinterachse mit 1,0 t Tragfähigkeit |
Gewichtsverteilung statisch: 2/3 auf Vorderachse, 1/3 auf Hinterachse |
Geräteanbau-Möglichkeiten vorn, Mitte und hinten |
Zapfwellenbetrieb vorn, Mitte und hinten |
Nebenabtriebe für Geräte |
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