Dabei hatte man sich für das Jahr so viel vorgenommen. Ca. 10 Jahre Vorbereitung sind für den Mondflug 1969 nötig und 1968 ist man mit einer bemannten Mondumkreisung schon ganz dicht dran. Auch für die neuste Jaguar- Limousine war eine lange Vorbereitung nötig. Und dicht dran ist man mit diesem Wagen am ersten Zwölfzylinder der Marke, in einer Limousine sonst nirgendwo erhältlich. Aber ungünstige Umstände verschieben die Veröffentlichung bis 1972.
Das tut der Schönheit des XJ 6 keinen Abbruch. Und immerhin weiß der bisherige Sechszylinder den schon entsprechend vorbereiteten Motorraum auch zu füllen. Es gibt erstmals sogar einen kleineren Bruder mit 'nur' 2,8 Liter. Auch der wird mit der immerhin ca. 1700 Kilogramm schweren Limousine ganz gut fertig. Allerdings gibt es bei diesem als neu geltenden Motor längere Zeit schwierig zu behebende Probleme mit den Kolben.
Das Design ist die letzte Großtat von Firmengründer Sir William Lyons, der 1972 in Rente geht, in etwa mit dem Erscheinen des V12. Streiks haben die Präsentation hinausgezögert. Ob dies an seiner Entscheidung Schuld ist, die 1966 von einer schockierten Fachpresse zur Kenntnis genommene Eingliederung von Jaguar in British Leyland oder schlicht sein Alter von 71 Jahren, es wird sein Geheimnis bleiben.
Aber was er auch als Designer hinterlässt, darüber sind die Urteile ziemlich einhellig. Selten war britisches Design so anknüpfend an die Marken-Tradition und gleichzeitig so harmonisch in die Moderne weisend, ein Quantensprung ohne besondere Aufregung.
Von der Seite sind die Veränderungen besonders evident. Da fällt die abgesenkte Gürtellinie auf, die zusammen mit dem zur Seite hin weniger stark gebogenem Dach eine deutlich größere Fensterfläche ergibt. Gleichzeitig fallen die Hauben etwas weniger stark ab. Die vordere gerät aber so flach, dass der größere Sechszylinder zunächst nicht mehr drunter passt.
Jetzt ist die seitliche Bordwand unterhalb der Fenster schon kürzer. Gleichzeitig wird so weniger gerundet und die von vorn bis hinten durchlaufende Sicke etwas dezenter. Ein großer Gewinn sind die größeren Räder, oder besser gesagt Felgen. Durch den größeren besonders hinteren Radausschnitt wird der Ausschnitt der hinteren Tür harmonischer. Vollkommen in die neue Zeit geholt scheint die Heckpartie des Daches zusammen mit den entsprechenden Fenstern.
Wie gelungen die Karosserie ist, zeigt die Tatsache, dass in den nächsten 30 Jahren relativ geringe Änderungen vollzogen werden, z.T sogar nur initiiert durch übertriebene amerikanische Sicherheitsvorschriften. Selten wurde die nachträglich notwendige Erhöhung einer Fronthaube so sauber in das Gesamtbild des Wagens eingepasst. Das Design dieser Limousine wird für lange Zeit ein Kaufgrund sein, obwohl man weiß, dass es mit der Qualität nicht immer zum Besten steht.
Vom Vorgänger übernommen wird die Hinterachse oder besser, der hintere Fahrschemel, Alleinstellungsmerkmal für Jaguar für lange Zeit. Vorn fallen die jetzt mehr gegeneinander verschränkten Querlenker auf, die zusammen mit geändertem Dämpferansatz und trotz weicherer Federn für weniger Neigung zu Nickbewegungen sorgen. Es bleibt vorn bei der ebenfalls nicht ganz gewöhnlichen Festsattelbremse mit zwei Kolben außen und einem innen.
1968 sind noch Oberklasse-Modelle in Standardausstattung ohne Klimaanlage und Fensterheber möglich. Wegen des für Jaguar nach wie vor wichtigen Exports nach Amerika aber natürlich gegen Aufpreis erhältlich. Üblich ist die Nachbildung der Katze vorn auf der Motorhaube ebenfalls nicht, obwohl von Sicherheitsexperten keineswegs angefeindet.
Aber sehr wohl im Preis inbegriffen ist die wundervolle Ruhe im Innenraum, beim 'kleinen' Sechszylinder keineswegs weniger als beim großen. Hinzu kommt Surround-View aus feinem Leder, Wurzelholz und dämmenden Teppichen. Für den/die Fahrer/in kommen die feinen und vollständigen Armaturen zusammen mit der noch beschrifteten Reihe von Kippschaltern hinzu. Zusammen mit der Dreigang-Automatik ist der kleinste Motor bei sehr ruhiger Fahrweise auch deutlich unter 15 Liter/100 km genießbar. 01/14