Einführung 2
Ein Bereich scheint für eine Einführung in das Thema 'Software' geradezu prädestiniert, der Hybridantrieb. Ein Verbrennungsmotor, ein oder zwei Elektromotoren, die auch noch als Generatoren gesteuert
werden müssen, dazu Kupplungen und evtl. ein Getriebe, Arbeit genug für die Software des Antriebsstrangs.
Atriebsstrang eines Chevrolet Volt/Ampera
Warum ausgerechnet der Honda CR-V Hybrid ab 2019 (Bild oben)? Weil der nach Herstellerangaben in bestimmten Betriebszuständen als serieller Hybrid (Bild oben) arbeiten soll, was äußerst selten ist. Eigentlich
hatte man, außer bei Range Extendern, diese Möglichkeit fast ausgeschlossen, denn schon das Prinzip hört sich merkwürdig an. Da treibt ein Verbrennungsmotor einen Generator an, der Strom an einen
Elektromotor liefert, der dann das Auto antreibt.
Damit das Ganze vom Wirkungsgrad her überhaupt Sinn macht, muss der Verbrennungsmotor in einem ganz bestimmten, besonders ökonomischen Betriebszustand gehalten werden. Der arbeitet nach
dem Prinzip von Atkinson/Miller und braucht z.B. für seinen Ventiltrieb auch eine ganze Menge softwaremäßige Fürsorge.
Aber, dass es neben vielen Sensoren in Systemen auch viele Aktuatoren gibt, das wussten sie vielleicht schon. Wir wollen bei diesem Beispiel noch zu einem anderen Anwendungsbereich für Software
kommen. Es ist die Frage, wie es die japanischen Ingenieure/innen geschafft haben, diesem zweifelhaften Prinzip des seriellen Hybrids doch noch ein paar Prozente beim Wirkungsgrad abzutrotzen.
Die Vermutung ist wohl nicht ganz unbegründet, dass sie zunächst einen Verbrennungsmotor ohne wählbare Getriebeübersetzungen sowohl mit dem Achsantrieb, als auch einem Generator verbunden
haben. Zusätzlich gibt es einen E-Motor, der ebenfalls mit dem Achsantrieb verbunden ist. Die Verbindung von dort zum Verbrennungsmotor ist per Kupplung auflösbar.
Und dann ist man unglaublich viele Betriebspunkte durchgegangen und hat jeweils die Resultate zumindest bezüglich Leistung/Drehmoment, Verbrauch und Abgas gespeichert. Da ist sie wieder, die
Software. Weiter entwickelt kann sie auch die Daten analysieren und irgendwann kommen Anweisungen für ein Steuergerät heraus, in welchen Betriebszuständen welcher Modus gewählt wird:
1. Nur Verbrennungsmotor treibt an.
2. Nur der E-Motor treibt an.
3. Beide sind mit dem Achsantrieb verbunden.
Auch die Frage, wann die Batterie geladen und wie groß sie mindestens gewählt werden sollte, kann so vielleicht geklärt werden. Software als Helfer bei der Entwicklung wird in diesem Buch noch eine
Rolle spielen. Eine Frage bleibt allerdings bei diesem Honda, nämlich die, ob der in Europa verkaufte auch hiesigen Autobahngeschwindigkeiten angepasst wurde, oder immer noch der
japanischen Tempo-100-Begrenzung entspricht.
Die Aufgaben von Software gehen sogar noch einen Schritt weiter. Das betrifft die Frage, wie denn getestet wird. Jüngstes Beispiel im Netz ist der Hype um ARAL ULTIMATE. Wie begründet man, dass
man sich von anderen anstecken lässt und deutlich mehr beim Tanken ausgibt? Die einen sind vollkommen subjektiv und beschreiben, wie schön der Motor seitdem läuft.
Die anderen wähnen sich objektiver. Sie offerieren ihre Eintragungen des Verbrauchs. Ist alles, was aufgeschrieben wird, auch automatisch richtiger? Natürlich nicht und beinahe jedes Kind weiß, dass
schon immer viel Geld für Leistungserhöhung und Spritsparmaßnahmen (in der Reihenfolge) ausgegeben wurde. Je teurer, desto mehr sank bei letzterem der Verbrauch, auch wenn er eigentlich nicht sank.
Und die Leistungserhöhung bei Oktanzahl 102? Der befragte Ingenieur antwortete auf die Frage, wie denn die Leistungserhöhung von 98 auf 102 Oktan zu beziffern sei, sie betrage bei einzelnen Fahrzeugen
bei 95 auf 102 Oktan ca. 10 Prozent. Sie bemerken, zwischen Frage und Antwort wurde der untere Wert geändert. Vermuten darf man, dass die 10 Prozent auch schon beim Übergang von 95 nach 98 Oktan erreicht
werden, sonst wäre die Frage so beantwortet worden, wie sie gestellt war.
Mit alledem beschäftigen sich Ingenieure/innen nur, wenn sie werben müssen. Software schafft reproduzierbarere Daten heran. Beispiel gefällig? Bei den ersten Prüfständen zur Abgasmessung beim
Hersteller waren die Fahrzeuge vornehmlich mit Studenten/innen besetzt. Die schauten seitlich auf einen Monitor und sahen das, von dem unten ein Ausschnitt gezeichnet ist.
Es geht also keineswegs um ein Autorennspiel, also nicht um Präzision beim Lenken, sondern beim Schalten bzw. Gasgeben. Man hat so zu beschleunigen, dass der Cursor möglichst in der Mitte auf der
gestrichelten Linie bleibt. Beschleunigt man zu stark, wandert der Punkt nach links raus, zu schwach, nach rechts. Überschreitet der Cursorpunkt die durchgezogene Linie, muss der Versuch nach einem
weiteren Tag in der Klimakammer wiederholt werden.
Das in der Mitte ist ein Schaltpunkt. Auch hier darf man sich nicht beliebig viel Zeit lassen. Das wäre eine gute Übung für Langweiler und Gastreter. Wurde aber inzwischen zugunsten einer Fahrmaschine
abgeschafft. Die macht das alles automatisch, fährt viel besser die gestrichelte Linie entlang und vermeidet Staus im Testbetrieb.
Schon damals gab es solche Fahrroboter. Und zwar für die Tests über 80.000 km. Die verlangten die Amerikaner. Alle zur Abgasbehandlung wichtigen Teile wurden gekennzeichnet und mussten nach der
langen Distanz noch an ihrem Platz sein. Und dann wurde wieder gemessen. Das Fahrzeug lief Tag und Nacht und ernährte sich aus einem riesigen Tank im Keller des Nachbargebäudes.
Hier war der Roboter doppelt wichtig. Denn wenn so ein Test auf der Straße durchgeführt worden wäre, nicht auszudenken, wäre bei Km-Stand 79.000 ein Unfall passiert. Übrigens nicht so sehr wegen des Schadens
in Geld, sondern eher noch wegen evtl. verspätetem Anlauf der Serienproduktion.
Von Straßentests werden wir noch hören. Man ist ja so euphorisch, dass die im Zusammenhang mit der Umstellung auf WLPT bzw. 6d jetzt zusätzlich durchgeführt werden. Hier wird die Präzision, wie sie
inzwischen bei Labortests gang und gäbe sind, wieder verlassen. Hat man schon beim dem Prüfstandslauf vorgeschalteten Ausrollversuch kräftig gemogelt, wie wird das erst bei den längeren
Straßenfahrten sein?
Womit wir bei einem weiteren Thema wären, dass in den fünf Kapiteln über den VW Skandal behandelt wird. Software, die zugunsten besser aussehender Abgaswerte manipuliert wird. Noch spannender, weil
weitgehend unbekannt, sind vielleicht die vier Kapitel über 'Tester' und das über das Ausspionieren der 'Konkurrenz'. Doch jetzt geht es erst einmal um Geschichtliches, den Übergang von der analogen zur
digitalen Elektronik, die das Entstehen von Software im Automobil erst ermöglicht hat.
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