Kein leicht zu erfassender Begriff. Was ist das eigentlich? Beginnen wir mit der Annäherung ganz vorn und noch sehr harmlos. Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass (vor allem) Mütter ihre Kinder in letzter Zeit viel öfter auf dem Arm herumzutragen pflegen als früher? Eigenartig, als wenn Sie diese noch einmal zusätzlich vor der Umwelt schützen wollten.

Das ist umso verwunderlicher, als heutige Kinder Außenstehenden irgendwie noch quirliger erscheinen. Damit kommt es zu dem ungünstigen Tatbestand, dass zumindest die Mutter irgendwann erschöpft ist und die Kinder noch taufrisch. Warum lässt man sich die Kinder nicht überall austoben, wo es geboten erscheint?

Eine andere Beobachtung: Laufen die Dinge in der Familie aus irgendeinem Grund bisweilen schief, z.B. weil einer oder beide Partner Ärger im Job haben, diesen gar zu verlieren drohen oder der eigene Betrieb in die Schieflage gerät, dann heißt es häufig, den Kindern diesen Umstand auf jeden Fall zu verheimlichen.

Natürlich kann man denen nicht die manchmal raue Härte der Wirklichkeit ausgedehnt vor Augen führen, aber sie kindgerecht erzählt meistens schon. Warum glauben eigentlich diese Eltern, dass die Verheimlichung gelingt, dass nicht die Kinder ohnehin die tiefgreifende Betrübnis eines oder beider Eltern mitbekommen?

Jetzt müssen wir einen großen Sprung ins Erwachsenenleben machen. Warum wird so viel telefoniert? Warum teilt man seine Botschaften lieber entweder in unerträglicher Kurzform oder per gesprochenem Video mit. Irgendwie scheint das Geschriebene eher out zu sein. Man schreibt eine E-Mail und zurück kommt ein Telefonanruf.

Schlimm, wenn dieser auch noch zeitlich ausgedehnt abgesprochen ist. 'Ich habe gestern Nachmittag versucht, Dich zu erreichen. Warum warst Du denn nicht da? Wir hatten den Anruf doch abgesprochen.' Natürlich weil man an diesem Nachmittag auch noch anderes zu tun hatte, als auf einen Anruf zu warten. Klar, mit dem Handy geht das, aber auch nicht wirklich immer.

Warum wird so unsagbar viel geredet? Weil es dann nicht so auffällt, dass nicht so schrecklich viel gesagt wird. Einfaches Beispiel: Man beschwert sich per E-Mail und verlangt eine bestimmte Aktion. Es erfolgt ein Anruf. Fragt man, warum dieser Anruf erfolgt, erhält man als Antwort, dass dadurch leichter Fragen direkt beantwortet werden könnten, die man evtl. noch hätte.

Man hat aber zum Teufel gar keine Fragen, sondern besteht nur auf einer bestimmten Reaktion. Die wird natürlich nicht gewährt und genau das soll der Anruf verdecken. Würde man eine E-Mail schreiben, dann würde man die Nichtgewährung ja da herauslesen können. Dann könnte der/die Schreiber/in dafür verantwortlich gemacht werden.

Da haben wir sie endlich, die Verantwortung. Sie wird dadurch vermieden, dass man etwas im Dunkeln lässt, unzitierbar. Und selbst wenn es mitprotokolliert würde, könnte man sich später auf den besonderen Tonfall herausreden. Und Gesprochenes darf man ohnehin nicht auf die Goldwaage legen.

Leider greift diese Befreiung von Recherche bzw. genügend Wissen über eine Sache auch auf Veröffentlichung über. Bringt jemand etwas Kfz-Technisches bei youtube, dann wähnt er/sie sich bisweilen zu frei von fachlicher Kompetenz. Das wäre gerade noch erträglich, wenn man wenigstens vorsichtiger formulieren würde, aber das ist meistens nicht der Fall.

Überhaupt haben diese 'fachlichen' Videos den argen Nachteil, dass sie nachträglich schlecht korrigierbar sind. Wir haben es da mit unseren Internetseiten und sogar den gedruckten Büchern einfacher, denn selbst bei letzteren dauert es höchstens eine halbe Stunde, sie neu hochzuladen.

Sie glauben gar nicht, wie oft Korrektur nötig ist, weshalb man sich fragt, wie die youtube-Spezialisten/innen das machen. Da ist sie wieder, die Verantwortung, seinen Besuchern Fachliches zumindest nach bestem Wissen und Gewissen zu präsentieren. Nein, die hat keine Konjunktur.

Kleines Beispiel gefällig: Dann schauen Sie sich einmal Videos an, die es wie die unten zuhauf bei youtube gibt. Sehr häufig wird der Zweitakter mit Querstrom- statt mit Umkehrspülung erklärt, obwohl es letztere schon seit etwa 1930 gibt. Warum? Weil die leichter flächig darstellbar ist. Aber kann man so mit seinen Usern umgehen?

Man macht etwas, bei dem man nicht für die Folgen geradestehen muss. So ist das in unserer reichlich anonymisierten, digitalen Welt. Im wirklichen Leben muss sich z.B. ein(e) Werkstattmeister/in eine falsche Diagnose nachträglich um die Ohren hauen lassen, wenn sie unnötig das Geld des/der Kunden/in verschlungen hat.

Was ist, wenn der VW-Vorstand Diess mit seinem Konzept scheitert, verstärkt auf reine E-Mobilität zu setzen? Dann darf er seinen Hut nehmen und sein Image für's Alter ist 'gerettet'. Oder gar Winterkorn, der entweder nicht gewusst hat, dass die Dieseltests erstunken und erlogen waren, oder es billigend in Kauf genommen hat, weil er sonst in USA kein Bein auf den Boden bekommen hätte?

Und wenn er wirklich verurteilt würde, dann würde da schon wieder seine Verantwortung für das Ganze erwähnt werden. Merken Sie an, es muss auch in Zukunft noch Leute geben, die das machen (wollen). Nicht jeder kann sich in das Angestellt sein verdrücken.