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  Schneid



Da erhalten mehrere Jogger, die hintereinander durch den Park geschickt werden, kleine Beobachtungsaufgaben bezogen auf die Davorlaufenden. Sie sind damit offenbar so beschäftigt, dass manche von ihnen eine freilich inszenierte Schlägerei keine sechs Meter entfernt auf ihrem Weg nicht wahrnehmen, geschweige denn dem Verprügelten zur Hilfe eilen. Ihre Gehirne haben sich so fokussiert, dass sie sich mit nichts anderem beschäftigen können.

Man sagt Leuten, die Extremleistungen vollbringen können, ähnliche Fähigkeiten nach. Auch sollen Rennfahrer/innen, die sich z.B. während 24-Stunden-Rennen ablösen, die relativ kurzen Pausen dazwischen sehr gut für erholsamen Schlaf nutzen können. Vielleicht resultiert das noch aus der Urzeit, als es für die Jäger und Sammler im Prinzip ein wesentlich höheres Gefahrenpotential gab als heute. Auf einen Tiger, der ihn verfolgte, musste sich der Mensch schon extrem einstellen, z.B. durch Ausstoß von Adrenalin 20 Prozent mehr Körperkräfte aktivieren.

Wo ist diese Fähigkeit eigentlich heute geblieben? Nur noch bei Frauen, die schon kurz nach dem Betreten des Ladens beinahe das gesamte Sortiment eines Schuhgeschäfts checken? Männer können (oder wollen) das offenbar nicht. Was holt sich heutzutage in der Regel die Aufmerksamkeit des Menschen? Vieles von dieser Konzentration auf eine Sache ist geblieben, wie das Experiment ganz oben zeigt. Wie wirkt sich das außer im Schuhgeschäft aus?

Nun, die Unterschiede zwischen Mann und Frau sind wohl nur bei Forschungsergebnissen spür- und erfassbar. Im Alltag tut man sich schwer mit generellen Aussagen, ohne gleich als Macho oder Frauenversteher abgekanzelt zu werden. Generell ist in der Kommunikation ein Trend zur Selbstbespiegelung zu beobachten. Der Mensch redet am liebsten von sich selbst, oder? Und damit sie genügend von sich selbst erzählen können, machen manche Menschen besonders viel. Die Zeit dazwischen wird immer knapper.

Und wenn Zwei oder Mehrere nicht gerade das gleiche Hobby bzw. Interesse haben, fällt die Schnittmenge zwischen von verschiedenen Leuten Erzähltem immer kleiner aus. Sind wir zu sehr mit uns selbst beschäftigt? Jedenfalls ist das Interesse deutlich gestiegen, mit der eigenen Persönlichkeit aus der Menge des Normalen hervorzutreten. Dabei greift Spezialisierung um sich. Eine um sich gescharte Gruppe kann gut sein für das Lob oder sogar die Bewunderung. Im Netz heißt es dann: 'Bitte gib mir ein Like!'

Früher musste die Leistung selbst zählbar sein, beim Sport leicht zu realisieren. In der Wissenschaft waren es vielleicht die Publikationen, bei Buchautoren/innen die Anzahl der verkauften Exemplare. Jedoch gab es für den gewöhnlichen Menschen kein Maß, an dem er/sie den langsamen Aufstieg zu einer kleinen Berühmtheit hätte erkennen können. Außerdem waren da noch die Hürden der grundsätzlichen Qualifikationen. War man nicht mindestens Facharbeiter (Geselle) oder Meister, wurde man praktisch nicht wahrgenommen.

Heute kann jede(r) sich äußern. Allerdings hat diese Demokratisierung den Nachteil, dass man sich als Nichtfachmann/frau schwerlich ein Urteil bilden kann, ob denn an dem Gesagten irgendetwas dran ist. Was tut der Mensch, er greift zu altbewährten Mitteln, die man heute Vernetzung nennt. Es bilden sich Schwerpunkte von Leuten, auf die man im Falle bestimmter Notwendigkeiten zurückgreifen kann.

Früher hat man gesagt, man muss nicht alles wissen, nur wissen, wo es steht. Heute würde man sagen, man muss nur jemanden kennen, der es weiß. Vermutlich hat das auch damit zu tun, dass alles immer komplexer wird. Nun gut, ein(e) Redakteur/in spart Zeit, wenn er/sie nach drei Telefonanrufen einen Artikel schreiben kann, für den er/sie früher Bücher oder zumindest Archive hätte durchforsten müssen. Aber wie ist es mit dem schon zitierten Normalmenschen?

Der würde weniger Zeit brauchen, wenn er Wissen für ein Vorhaben direkt seinem Gehirn entnehmen könnte. Überhaupt werden komplexere Vorhaben durch das Angewiesensein auf Vernetzung immer schwieriger, weil natürlich die ersten Entwürfe keineswegs passen. Man ist auch geneigt, sich auf Ratschläge von den Personen fast bedingungslos zu verlassen, denen man nun einmal die Kompetenz zugeschrieben hat. Da haben wir es wieder, das Nicht-nach-links-und-rechts-Schauen.

Oweia, wenn ich jetzt schreibe, der Mensch muss sich wieder auf sich selbst besinnen, kann ich schon die Einschläge der Zählmaschine hören, die Aussteiger/innen aus diesem Text registriert. Aber die Aussage, sich selbst ein Bild machen zu wollen, hat doch was, oder? Kann man die Aussage akzeptieren, ' Ich bin eine Frau, ich brauche nichts von Autos zu verstehen.' Nun gut, sie lachte, als sie diesen Ausspruch tat. In der Tat, das Ziehen von Grenzen ist immer schwieriger geworden.

Heute kann jede(r) auch öffentlich sehr viel sagen, aber ist man durch eine Facebook-Gruppe genügend geschützt? Wozu gibt es eigentlich bei Menschen Individualismus und Eigensinn? Nur um seiner selbst willen. Oder lernt man da nicht das Entwickeln und Kämpfen um die eigenen Ideen? Wenn sich demnächst Personalisierung nur auf die Auswahl von Design-Einzelheiten beim Kauf eines Autos bezieht, dann hat uns die Industrie endgültig den Schneid abgekauft.







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