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Natürlich sind das keine und hoffentlich tun wir dieser Tierart nicht Unrecht, wenn wir deren Verhalten mit dem von Menschen vergleichen. Wir müssen nämlich offen gestehen, dass wir von denen keine Ahnung haben, werden uns aber dieser Bilder bedienen, wo möglichst Viele am liebsten so wie alle wären. Dabei sind sie doch mit Individualismus ausgestattet und haben, zumindest die meisten von ihnen, auch die Mittel dazu, diesen etwas mehr als früher auszuleben.

Aber es scheint gerade umgekehrt zu sein. Als man noch wenig hatte, war man kreativer als heute, vermutlich weil man wenig hatte. Die uns umhüllende Industrie kauft uns jedes Problem ab, sucht unter uns geradezu danach, um uns anschließend, natürlich gegen Geld, ihre Lösung anzubieten. So lassen handwerkliche Fähigkeiten deutlich nach, Initiative ohnehin.

Es gibt sogar Zeichen von Uniformität, die jede(r) erkennen kann. Man braucht nur durch die Stadt zu laufen und sich die Frisuren der allermeisten jüngeren Männer anzuschauen. Irgendwer hat damit angefangen und wohl ein paar Fußballspieler davon überzeugt, seitdem laufen alle damit herum.

Von dem Thema 'Auto' ist es bis zum Thema 'Urlaub' nicht weit. Man sollte doch meinen, dass man hier einmal Abstand nimmt vom immergleichen Alltag im Beruf. Logisch ergäbe sich eine Zweiteilung zwischen Entspannung und dem Entdecken von neuem. Zu ersterem könnte man einerseits die Hängematte als Symbol, aber auch die sportliche Betätigung zählen. Spannender wird es bei letzterem.

Hier sollte man doch meinen, der Mensch nutzt die Möglichkeiten z.B. billigen Fliegens, um möglichst viel von der Welt kennzulernen. Stattdessen ballen sich die Massen. Da scheint die einzige Varianz darin zu liegen, ob man nach Westen oder nach Osten ans Meer fliegt, also auf spanische Inseln oder griechische bzw. türkisches Festland. Im Trend liegt auch schon Bulgarien, weils da ja noch billig ist.

Und so ballen sich die Massen, zunächst am Flughafen, dann in den Ferienreservaten. All-In leistet einen zusätzlichen Betrag, dass man von Land und Leuten nur ja nichts mitbekommt. Und so zeigt man Urlaubsbilder, falls das die anderen überhaupt noch ertragen können: Man selbst oder Partner auf der Wasserrutsche, am Strand, bei geselligem Beisammensein unter Mitreisenden.

Arbeiten die Menschen vielleicht heutzutage zu viel oder ist der Stress inzwischen so groß, dass für den Urlaub keine Energie mehr übrigbleibt? Oder kleistern sie sich selbst ihr Leben so zu, dass zu wenige Minuten zum freien Atmen bzw. Denken bleiben? Und dann sind da noch die wirklich individuellen, die vielleicht öfter mal berggerettet werden müssen, weil sie in Felsspalten gefallen sind.

Vielleicht sollten wir andere Urlaubserfahrungen dagegen setzen: So könnte vielleicht der Campingurlaub für Familien eine Alternative sein. Nein, nicht mit behäbigem Wohnmobil, ungeeignet für mancherlei Art von Besichtigung. Auch keine feste Bindung an ein Quartier. Denn Camping hat den ungeheuren Vorteil, dass man mit einer einzigen Gewalttour schlechtem Wetter entfliehen kann.

Ein gutes, sturmerprobtes Zelt mit angenähtem Boden kann auch schon einmal 3.000 € kosten.

Ja, das Zelt, das jedes Mal aufgebaut werden muss, Kinderarbeit inklusive. Der Kombi, gibt es den unter diesem Namen überhaupt noch? Auch der Zwang, nicht alles mitnehmen zu können. Übrigens haben Zelt und Kombi zusätzlich den unschätzbaren Vorteil, dass man von jetzt auf gleich etwas ohne größere Vorbereitung unternehmen kann. Dann macht man es auch.

Nein, nicht immer das gleiche. Ein Zelt verursacht keine Unterhaltskosten. Da kann man sich z.B. im Frühjahr mit Familie in einem einfachen Haus am Lago Trasimeno einmieten. Feuerholz sammeln für den Kamin. Perugia besuchen. Vielleicht auf der Rückfahrt etwas ausführlicher durch die noch stärker schneebedeckten Alpen.

Als Ehepaar alleine quer durch Island. Nein, nicht mit dem frisch erworbenen Allrad-SUV übersetzen. Das ist in der Regel auch zu schade dafür. Nein, als Busreise dort organisiert. Wir haben das noch aus Mangel an Unterkünften mit Zelten absolviert. Je kälter es wurde, desto besser die Kameradschaft. Und kurz vor dem ohnehin schon verdienten Abendessen noch eine angeblich kleine Wanderung durch ein Lavafeld.

Zugegeben, etwas hart, aber heutzutage schon abgemildert. Oder eine Busreise mit Übernachtung im Anhänger, 60 x 60 x 190 cm. Wenn man Glück hat, mit Partner zusammen 120 x 60 x 190 cm. Koffer gibt's nur alle drei Tage. Und morgens auf dem Zeltgang davor alle fast in Reih' und Glied anziehen. Aber auch als einzige an einem markanten Punkt in der Wüste übernachten dürfen, eine ganze Zeit auf einem der Tische liegen und den Sternenhimmel anzuschauen.

Sich irgendwo an einem fernen Urlaubsziel mit Freunden verabreden und dann, wegen einem Defekt, beinahe den Termin verpasst zu haben. Trotzdem von dort aus alleine weiter und nachher die gemachten Erfahrungen austauschen. Mit einer Familienkutsche älteren Baujahrs Richtung Nordkap und Mücken. Windeln einzeln unter den Sitzen gestapelt. Segeln auf den Masurischen Seen, Abstecher nach Litauen.

Irgendwie lebt man, um Erfahrungen und Erlebnisse zu sammeln. Vielleicht kommt irgendwann der Tag, an dem man nicht mehr so unbeschwert reisen kann. Da ist man froh, wenn die Erinnerung markante Situationen bereithält. Man sieht einen Auslandsbericht im Fernsehen, war schon einmal zumindest in der Gegend. Man weiß, wie es dort, z.B. in einem Basar, riecht. Man ergänzt seine Erfahrungen um Interessantes aus dem Bericht.

Zum Schluss noch eine Situation, die vielleicht typisch für ein mögliches Dilemma im Urlaub ist. Tatort, irgendwo in Marokko. Wir haben gerade mal eine Stunde Zeit zum Essen gehen. Sitzen an einem Tisch mit einem Einheimischen. Wir bestellen unser Wasser. Der Mann will freundlich sein und gießt uns schon einmal sein Wasser in unsere Becher. Was tun Sie, es trinken? Haben Sie schon einmal Diarrhoe gehabt, 41°C Fieber, kurz vor dem Knock-out? Wir haben es gewagt und es ist gut gegangen.







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