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 Das Dorf (1)



Was ist ein Dorf? Definieren Sie das bitte einmal. Ja, eine kleine bis mittlere Ansiedlung von Häusern oder besser gesagt von Grundstücken mit Häusern drauf. Wie viele, das ist schon die erste schwierige Frage, von der wir im Rahmen dieser Serie noch viele stellen werden.

Warum interessiert uns plötzlich das Dorf? In einer Zeit, wo das gesellschaftliche Leben augenscheinlich auseinander zu brechen droht, wo Familien öfter auseinander gehen statt zusammen zu halten, kann der Blick auf das Leben früher im Dorf nicht schaden.

Nein, keine Geschichtsklitterung bzw. Verherrlichung der Umstände. Es soll der Versuch einer Bestandsaufnahme sein. Als Beispiel möge die Geborgenheit von Menschen mit Behinderung, aber auch die z.T. gewaltsame Aussonderung von Fremden dienen.

Schädigung durch Rufmord, fast unmögliche Durchbrechung gewachsener ungerechter Strukturen, auch das kann 'Dorf' sein. Und für ältere Leser soll es ein wenig der Wiedererkennung dienen, weil unsere Hauptbeobachtungen aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland stammen.

Aber da war das Leben auf dem Dorf ja schon weitaus älter als das in der Stadt. Nur einmal als Erinnerung: London erreichte exakt zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts als größte Stadt der Welt gerade einmal die Millionengrenze.

Die Städte wurden von den Dörfern aufgebaut und nicht umgekehrt. Man sagt, im Mittelalter ist die heute bekannte Siedlungsweise des Dorfes zwar erst entstanden, machte aber schon bald ca. 90 Prozent des Lebensortes der damaligen Bevölkerung aus.

Allerdings sind hier auch die zu der Zeit viel häufigeren Besiedlungen auch außerhalb der Dörfer mitgezählt. Trotzdem, Städte konnten grundsätzlich erst wachsen, als sie von den in den umliegenden Dörfern produzierten Überschüssen mitversorgt wurden.

Und vermutlich stammt auch die Zunahme der Bevölkerung mehrheitlich aus dem Dorf. Damit hätten wir die Zeit und Bedingungen ein wenig beleuchtet, unter denen Dörfer entstanden sind. Aber was macht eigentlich ein Dorf aus, nur dass viele Häuser örtlich näher zusammenstehen?

Das sind in den Anfängen eher Flächen, die noch nicht Bauernhöfe genannt werden. Die größte Fläche bildet vielleicht wirklich eine Landwirtschaft, auf der sogenannte 'Hörige', in römischer Zeit sogar 'Sklaven' unter Aufsicht arbeiten und dafür entlohnt werden.

Fast das ganze Areal einschließlich der Höfe drumherum gehören einem Lehnsherrn, in aller Regel wirklich ein Mann, der die Hörigen als seine Vasallen betrachtet. Die auf seinem selbst bewirtschafteten Gut erhalten Lohn, Nahrung und Wohnung.

Da muss nicht unbedingt Zwang eine Rolle spielen, es kann sich auch um Schutz handeln. Die auf den Feldern in der Umgebung geben als Pacht, sagen wir, ein Viertel bis ein Drittel ihrer Ernte ab. So ist die lange Zeit unangefochtene mittelalterliche Gesellschaftsordnung.

Schutz ist ein wichtiges Gut. Die Lehnsherren entscheiden, wen ihrer Bauern sie als Soldaten z.B. dem König zur Verfügung stellen. Und als sich später diese immer mehr auf stark befestigte Burgen zurückziehen, gibt es auffälligerweise auch meist mehrere Dörfer in der Nähe.

Damit haben wir schon ein wesentliches Element eines Dorfes, eine gemeinsam betriebene Landwirtschaft. Da kann ein Dorf auch schon einmal entstehen, indem man Teile eines Waldes rodet. Besonders wichtig ist der zweite Aspekt, nämlich der vom gemeinsamen Handeln zum Wohle aller. Vielleicht sind hier die ersten Genossenschaften entstanden.








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