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Opel Patentmotorwagen



Erster Opelwagen Einzylinder (liegend), 1.545 cm3, 122 * 132 mm, Auslassventil nocken-, Einlassventil unterdruckgesteuert, Flüssigkeitskühlung, 2,6 kW (3,5 PS) 650/min, Heckmotor Heckantrieb, Reibungskupplung, Lederriementrieb auf Vorgelegewelle, Zweigang-Lenkradschaltung, Rückwärtsgang Planetengetriebe, Achsantrieb über Ketten, Starrachse v/h, Blattfedern, Hinterradachse mit Bandbremse (Fußbremse), Vorgelegewelle mit Bandbremse (Handbremse), Deichsel-, später Achsschenkellenkung mit Kurbel und Ketten, Holzspeichenräder, Kugellager, Vollgummi, 2,15/1,35/1,44/1,35 m, 530 kg + Fahrer(in), ca. 10 L/100 km, 30 km/h, ab 2700 M, Rückwärtsgang 250 M, Luftreifen 200 M, 1899 - 1901.

Friedrich Lutzmann ist Jahrgang 1859, in Nienburg an der Saale geboren, gut 40 km südlich von Magdeburg, der Hauptstadt von Sachsen-Anhalt. Nach der Lehre und Wanderschaft als Schlosser und Spengler lässt er sich in Dessau nieder, ebenfalls gut 40 km östlich von Nienburg, uns bekannt als die Stadt des Bauhaus. Schon nach wenigen, allerdings aufwendigen Arbeiten als Kunstschmied erlangt er hier Ansehen und wird zum Hofschlossermeister ernannt.


Es muss wohl ein Fahrzeug der Fa. Benz gewesen sein, durch dass er 1893 zum ersten Mal Kontakt zu einem selbstfahrenden Auto erhält. Er ist so beeindruckt, dass er so einen Wagen bestellt, um zusammen mit einem Freund einen regelmäßigen Busverkehr zu organisieren. Während der Lieferzeit werkelt er an einem Gefährt mit einer Achse und Sitzbank vorn und einem Rad und Fahrer hinten. Außer dem Motor hat es wohl keine Bedeutung für dessen späteren mechanischen Werdegang.

Mit der Lieferung bzw. recht komplizierten Abholung plus Einweisung von Benz beginnt der Busverkehr bei der mit je zwei Fahrten vormittags und nachmittags drei Nachbarorte erreichbar sind, immerhin pro Tag ca. 330 km. Der Preis für eine einfache Fahrt von ca. 50 km beträgt nur eine Mark. Unten sehen Sie ein 'Benz Victoria' genanntes Fahrzeug von 1893, in diesem Fall allerdings umgebaut von drei auf vier Räder.


Warum ist das erwähnenswert? Weil Lutzmann sehr bald den Benz nachgebaut hat, allerdings mit der Vorsorge, die Patentrechte nicht zu verletzen. So werden Verbesserungen erwähnt, die er seinem 'Pfeil' genannten ersten Produkt angedeihen ließ, u.a. eine Achsschenkellenkung. Man wundert sich, denn angeblich hat Benz sein erstes vierrädriges Produkt ja gerade deshalb 'Victoria' genannt, weil er endlich eine funktionierende Achsschenkellenkung gefunden hatte.

Die Lösung liegt in offensichtlich verschiedenen Baureihen, wodurch Lutzmann noch eine Victoria mit Deichsellenkung erhalten hat. Wer genauer hinsieht, erkennt in dem Bild oben eine solche. Man sagt dem ersten Wagen Lutzmanns deutliche Verbesserungen gegenüber Benz nach, z.B. bei der Schaltung und der Übertragung des Drehmoments auf die Hinterräder. Der Motor ist aus dem schon erwähnten Dreirad. Verwundern mag, dass der Wagen auch noch etwa zur Hälfte des Victoria-Preises angeboten wird.

Nachfrage ist damit sogar bis ins Ausland hinein garantiert. Lutzmann wird zum drittältesten Hersteller Deutschlands. Die Modellpalette nimmt ebenfalls rasch zu. Es ist sogar schon eine neue Fabrikationsstätte entstanden. Die Firma steht 1897 neben Daimler und Benz auf der ersten Motorwagen-Ausstellung in Berlin. Als er dort zum zweiten Mal im nächsten Jahr antritt, ist er zwar bei einem Rennen nicht sonderlich erfolgreich, aber trotzdem erhält er von unerwarteter Seite Aufmerksamkeit.


Denn da sind in Rüsselsheim fünf Opel-Brüder zusammen mit ihrer Mutter übrig geblieben. Der Vater, Adam Opel, ist 1895 verstorben. Die Verantwortung geht auf die Mutter über, die diese aber mit ihren Söhnen teilt. Der Absatz von Nähmaschinen ist immer noch zufriedenstellend, aber der von Fahrrädern lässt nach. Die Brüder Opel sehen in Lutzmann eine Möglichkeit, in die Automobilproduktion einzusteigen. Sie zahlen am 21. Januar 1899 116.678 Mark, heute etwa eine dreiviertel Mio. Euro und übernehmen die gesamte Produktion samt Belegschaft nach Rüsselsheim.


Lutzmann selbst erhält den Posten des Entwicklungschefs. Seine Konstruktion wird in wesentlichen Teilen vereinfacht, z.B. dem Motor. Bearbeitungsmaschinen angeschafft. Bei Opel wird das Fahrzeug leichter trotz eines stabileren und tieferen Chassis. Auch die Lenkung nimmt man sich vor. Allerdings sieht die Vorderachse in der Werbung unten so aus, als hätte man wieder auf Deichsellenkung zurückgerüstet. Noch im gleichen Jahr erscheint der erste Opel nach dem Patent Lutzmann.


Um es kurz zu machen, die Firma Opel wird mit dieser Konstellation nicht glücklich. Mit ca. 65 Stück werden nur etwa so viele Vehikel gebaut (und verkauft), wie Lutzmann auch schon bisher produziert hat. Vielleicht sind die Qualitätsansprüche Opels für ihn zu hoch, ist die Entwicklung des Automobils in jener Zeit zu stürmisch oder es gibt inzwischen zu viele Konkurrenzfirmen.

Der Patentmotorwagen kann in seiner Entwicklung nicht mithalten. Er ist zwar bei Wettfahrten erfolgreich, aber die beiden älteren Opel-Brüder sind nicht betriebsblind. Ein wichtiges Element ihrer Firmenpolitik wird der ständige Vergleich mit den Konkurrenten sein, wobei hier besonders das französische Ausland und die wachsenden Mercedes-Erfolge eine besondere Rolle spielen.

Diese haben das Automobil mit deutlich mehr Enthusiasmus aufgenommen und treiben ihre industrialisierte Fertigung schneller voran. Opel trennt sich mit insgesamt hohen finanziellen Einbußen von Lutzmann, der in seinem weiteren Leben bis zum Tod 1930 trotz der enormen Einnahmen finanziell nicht sonderlich erfolgreich sein wird.


Bild 2: Gewinner Bergrennen Königsstuhl (1901)










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