Lastwagen 1
Der erste Lkw weltweit überhaupt stammt von Daimler und Maybach. Es ist im Grund, wie bei der Motorkutsche, ein umgebauter Pferdewagen ohne Deichsel. Angetrieben wird er von einem Zweizylinder mit 3
kW (4 PS) hinter dem voluminösen Riemengetriebe.
Immerhin erfordert der Antrieb eine andere Hinterachse, die jetzt schraubenfedert ist. Auch sind an den Hinterrädern zusätzlich innenverzahnte Stahlräder zur Kraftübertragung angebracht. Das Getriebe ist
während der Fahrt schaltbar und ermöglicht Geschwindigkeiten zwischen 3 und 12 km/s.
Der Motor verfügt schon über den von Maybach entwickelten Spritzdüsen-Vergaser. Kraftstoff wird ihm per Luftpumpe am Sitz zugänglich. Aber man kann nach dessen Betätigung nicht dort bleiben, sondern
muss hinten die Ventile für den Kraftstoff für die Befeuerung der beiden Glührohre öffnen.
Haben die ihre Solltemperatur erreicht, ist menschliche Drehkraft seitlich hinten direkt an der Kurbelwelle gefragt, die ebenso wenig gegen Zurückschlagen gefeit ist, wie auch spätere Konstruktionen ohne
elektrischen Anlasser. Ein Gaspedal sucht man nicht nur vergebens, es wird im Prinzip auch kein Gas gegeben.
Um schneller vorwärts zu kommen, wird die Spannung des jeweiligen der vier Gänge aktiviert. Immerhin verfügt das Fahrzeug auch schon über einen Rückwärtsgang. Der direkte Nachfolger zwei Jahre später hat
schon einzeln gelenkte Räder. Hier ist es beim Drehschemel der Kutsche geblieben.
Die Bremse wirkt über Holzklötze nur auf die Eisenringe der Hinterräder, kann aber unterstützt werden durch eine weitere, die über ein Fußpedal auf Teile des Getriebes wirkt. Zu bedenken ist die unter diesen
Umständen enorme Nutzlast von 1,5 Tonnen, mit der Steigungen von bis zu 12 Prozent möglich gewesen sein sollen.
Ungewöhnlich, die große Abdeckung unmittelbar hinter der Vorderachse. Sie enthält den Motor und vor allem die verschiedenen Riementriebe, die durch Spannrollen eine leicht zu realisierende
Kupplung und durch zusätzliche mit verschiedenen Raddurchmessern ein Getriebe ergeben. Natürlich muss man immer die relativ geringe Leistung von ca. 4 kW im Hinterkopf haben, sonst wäre ein solcher Antrieb
mit Lederriemen wohl überhaupt nicht haltbar. Immerhin werden mind. je 1250 kg Leergewicht und Nutzlast transportiert.
Zusätzlich muss man wissen, dass diese ersten Lkw die Leute nicht gerade vom Hocker reißen. Die potentiellen Käufer stehen nicht Schlange, denn ein starkes Brauereipferd ist vielleicht etwas langsamer, bringt
aber eine deutlich höhere Nutzlast. Es muss auch nicht andauernd zum Schmied in die Reparatur und fortwährend an allen möglichen Stellen mit Öl versorgt werden. Und das Futter wird nicht 10-Liter-weise in der
Apotheke gekauft. Dann ist da noch die Konkurrenz der Elektro- und Dampfwagen, die beide letztlich mit Kohle gefüttert werden können.
Personenwagen oder gar speziell für Rennen hergerichtete Fahrzeuge haben ihre Käuferschicht in der High-Society, aber Nutzfahrzeuge sollen unbedingt wirtschaftlich sein. Hier müssen die Anschaffungs- und
Unterhaltungskosten in einem guten Verhältnis zu dem erzielbaren Gewinn stehen. Das hält die Serie sehr klein und trägt wiederum nicht gerade zur Kostensenkung bei. Ein Glück, dass Gottlieb Daimler noch
manche andere Anwendung für seine Motoren ausprobiert.
Wenn auch die Räder und deren Aufhängung sehr nach Kutsche aussehen, hat das Gefährt doch immerhin eine Achsschenkellenkung, ohne die es wahrscheinlich bei voller Beladung wohl nicht vernünftig lenkbar
wäre. Der Fahrer sitzt zwar wie auf einem Kutschbock, aber der Motor ist immerhin schon auf dem Weg nach vorn (Bild unten). Insgesamt aber wird es noch eine ganze Zeit dauern, bis sich Daimlers Lkw und Busse in
der Welt durchsetzen.
Das ist also die dritte Version des ersten Lkws der Welt, nach einer mit dem Motor im Heck und der zweiten unter dem Kasten (Unterflur). Erst jetzt kommt man durch den Frontmotor zusammen mit den zu tragenden Lasten
zu einer ausgewogeneren Gewichtsverteilung. Es gibt ihn mit 2,9, 4,4, 5,9, 7,4 kW (4, 6, 8, 10 PS). Dabei ist der Zweizylinder für die unteren beiden und der aus zwei Zweizylindern kombinierte Vierzylinder für die oberen
beiden Leistungsstufen zuständig.
Wichtig ist die Abkehr von der Glührohr- hin zur elektrischen Zündung. Nicht nur geschwärzte Gesichter beim Anzünden, sondern auch brennende Motoren soll es gegeben haben. Der Bedienkomfort nimmt also leicht zu,
was man vom Fahrkomfort angesichts von Eisenreifen wohl nicht sagen kann. Immerhin werden so langsam enorme Nutzlasten bis hin zu 5 Tonnen möglich, wobei sich das Leergewicht wohl nur in Maßen erhöht haben
dürfte.
Schon wegen der großen Lasten ist man vom Riementrieb abgekommen. Auf dem Bild oben ist deutlich die Kardanwelle nach hinten zu sehen. Nur in der Vergrößerung können Sie am hinteren rechten Rad die
Innenverzahnung sehen, so eine Art Vorläufer der heute gebräuchlichen Außenplaneten. Wohl nicht mit heutigem Standard zu vergleichen sind die hölzernen Klotzbremsen und die auf das Vorgelege wirkende Bremse.
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