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  Lamborghini Miura



Lamborghini Miura P400/P400S/SV 3.929 cm3 (82,0 * 62,0), V12, 9,8/10,7/10,7 : 1, 2*DOHV (Ketten), 2V, Alu-Zyl., 378/388/399 Nm 5000/4400/4400/min, 257/276/283 kW (350/375/385 PS) 7000/7700/7850/min, 4 Dreifachvergaser (Weber), Druckumlauf, 1 Scheibe, trocken, 5-Gang, Dreiecks/Trapezlenker, Scheiben, später innenbelüftet, Zahnstange, Pirelli 210-15 (7'')/210-15 (7'') / GR70VR15 (7'')/GR70VR-15 (7'') / FR70HR-15 (7'')/GR70VR15 (9''), 10,8/11,2/11,2m 4,36/2,51/1,76-178/1,06m, Tank 77 l, 1.125/1.245/1.245 kg, 274/277/285 km/h, 764, -/70.000/- DM, 1966-73

Die neue Design-Ära bei Lamborghini wird aus späterer Sicht beim Countach angesetzt. Man könnte allerdings auch den Miura nehmen, denn seine Form ist im Vergleich zu den Vormodellen gewiss revolutionär genug. Aber man kommt rasch in Schwierigkeiten, denn dem später erscheinenden Espada würde so eine Ehre wohl auch gut stehen. Egal, wie man es vom Design her sieht, eine andere technische Basis hat der Miura allemal.


Hat es vielleicht vorher jemals einen quer hinter den Vordersitzen eingebauten Zwölfzylinder gegeben? Zumindest in einer größeren Serie wohl nicht. Und danach wohl auch nicht, als z.B. die Probleme bekannt wurden, die Lamborghini eigentlich nie ganz in den Griff bekam. Da sind - reichlich verkürzt - das enorme Geräusch, die Hitze und der Mangel des nach viel Luft schnappenden Motors zu nennen.


Das Konzept des Mittelmotors ist zu der Zeit in, vielleicht eine Folge des gerade erst stärker hervortretenden Frontantriebs. Da besteht die Möglichkeit, diesen mitsamt der Vorderachse nach hinten zu transferieren und schon entsteht ein Mittelmotor. Oben sehen Sie eines der ersten Beispiele, den Matra Bonnet mit einem längs liegenden Ford V4.


Ford, das scheint ein Dreh- und Angelpunkt des Miura-Projekts zu sein. Schon bei den ersten Überlegungen spielt das Modell oben offenbar eine Rolle. 1963 haben sich die Kaufverhandlungen zwischen Ford und Ferrari zerschlagen und Ford hat sein eigenes Projekt auf die Reifen gestellt, den GT 40. Natürlich mit riesigem V8-Motor, aber als Mittelmotor längs eingebaut. Bei Lamborghini gibt man offen zu, dass dieses zunächst als Rennwagen konzipierte Fahrzeug Vorbild für den Miura war. Später soll es sogar Verhandlungen zwischen Lamborghini und Ford gegeben haben.


Neben dem großen Unterschied des anders angeordneten Motors sind da aber noch ein paar Unterschiede. Beim GT 40 ist zwar das komplette Heck abklappbar, nicht aber die Front. Dort gibt es nur eine Öffnung, allerdings auch einen von außen direkt erreichbaren Tankdeckel. Mit den Türen klappt auch ein Teil des Dachs mit nach außen. Durch den gut sichtbaren Kühler und die festen Scheinwerfer wirkt die Front ganz anders.


Die nach dem Mini von 1959 so eingeführten Quermotoren vorn dürften die Macher des Miura inspiriert haben. Die können noch platzsparender hinter den Sitzen angeordnet werden. Die Vorderachse kann man mit kurzen Endstücken der Antriebswellen sogar beibehalten. Es gibt genügend Beispiele: oben den ebenfalls von Matra mit Simca-Bauteilen realisierten Bagheera und unten den Fiat X1/9, diesmal sogar ein Targa/Cabrio.


Zurück zu Lamborghini. Unten sehen Sie die Antriebseinheit des Lamborghini Urraco, übrigens der erste V8-Motor der Marke. Es ist wohl kein Problem, sich diese auch als Frontantrieb zu denken. Den hat es zwar in der Praxis nie gegeben, aber das Triebwerk zeigt zumindest die gleiche Technik wie die oben beschriebenen.


Der eigentliche Knackpunkt ist das Getriebe. Kann die Kupplung noch so bleiben wie beim Längsmotor, muss das Getriebe ziemlich verändert werden. Nicht nur, dass Ein- und Ausgang jetzt auf der gleichen (Kupplungs-) Seite liegen, es muss hier auch noch relativ kompakt sein neben einem relativ großen Motor. Das Kupplungsgehäuse kollidiert jetzt leicht mit dem Achsantrieb.


Spätestens an diesem Bild wird deutlich, dass die Konstruktion bei einem quer eingebauten V12 noch einmal ein Stück komplizierter wird. Unter dem Gehäuse ganz links können Sie mit Recht auch eine vom Normalen abweichende Kupplung vermuten. Das Getriebe ist durch das gemeinsame Gehäuse mit dem Motor fast gar nicht zu erkennen. Nur der Achsantrieb ragt klar definiert heraus.

Wer viel verändert risikiert prompt auch Schwierigkeiten. Es begann mit einem eingekauften Getriebe und änderte sich bald zu einem Eigengewächs. Später wurde dann auch noch der vorher gemeinsame Ölkreislauf getrennt, wohl wegen der Realisierung eines Sperrdifferenzials. Ob die Empfehlung, beim Hochschalten zwei Mal die Kupplung zu treten, mit den so sehr speziell angepassten Getrieben etwas zu tun hat?

Jetzt können Sie sich vielleicht vorstellen, wie groß die Überraschung und auch das Interesse war, als dieser Wagen als reines Chassis ohne Aufbau auf dem Turiner Autosalon Ende 1965 erschien, kaum zwei Jahre, dass die Firma gegründet war. Immerhin war das unverkleidete Schaustück theoretisch fahrfähig, denn es besaß einen Fahrersitz mit Lenkung und hinten natürlich den kompletten Antrieb und vermutlich funktionierten auch die Bremsen.

Vorn und hinten war er natürlich ein Stück kürzer und ihm fehlten auch die Anlenkpunkte für das jeweils gewaltige Front- und Heckend. Für den Klappmechanismus vorn mag der E-Type von Jaguar Pate gestanden haben, aber damit waren die Gemeinsamkeiten auch schon zu Ende. Schauen Sie unten das aufgeklappte Heck an und bedenken Sie, dass sich darin auch noch ein ultraheißer Gepäckraum samt Heckklappe befindet. Das legendäre Chassis mit Speichenrädern ist übrigens 2013 in Pebble Beach für 473.000 Dollar versteigert worden.


Schier unglaublich sind die Entwicklungszeiten damals. Denn ein Designer war noch nicht gefunden. Die Carrozzeria Touring konnte wegen eines Konkurses schon nicht mehr die letzten Lamborghini 400 GT bauen. So erhielt Bertone den Auftrag, das Miura-Chassis zu karosserieren. Er hatte schon immer auf einen Lamborghini eigenen Entwurf gewartet.


Hier der Miura in der stärkeren Variante als P400 SV

Unklar ist, wie viel Anteil Marcello Gandini an diesem Entwurf hat. Gerade hat er die Stelle des Chefdesigners als Nachfolger von Giugiaro übernommen, der sich selbstständig gemacht hat. Jedenfalls sind dessen berühmte Alfa-Entwürfe Iguana und Caimano erst deutlich später veröffentlicht worden und sehen völlig anders aus. Unklar bleibt, wie sehr sein Chef ihm angesichts des ungeheuren Zeitdrucks von nur einem halben Jahr geholfen hat.


Vergleicht man, hat dieser Entwurf deutlich mehr Ähnlichkeit mit dem Miura als die von Giugiaro. Er ist aber von Gandini selbst aus dem Jahr 1968 und für Alfa designt. Er zeigt die Richtung etwas stärker ins Extrem der Keilform hinein gedacht. Wehe, wenn die Designer freigelassen werden. Dies wird aber auch als Fingerübung auf dem Weg zum Countach gesehen. Beim Miura musste er noch brav drei Modelle abliefern und Lamborghini mit seinem Team traf die Auswahl.


Können Sie sich diesen Aufwand an der Tankstelle vorstellen? Unter der Abdeckung des Vorderwagens außer Kühlung und Reserverad auch der Tank, an dessen Einfüllstutzen man nur wie oben gezeigt herankam. Dessen Füllung war übrigens wichtig für das Verhalten der Vorderachse bei hohen Geschwindigkeiten. War er relativ leer, fühlte sich der Miura vorn unangenehm leicht an.


Hier die Front der stärkeren Variante P400 SV

Nein, im Windkanal ist das Auto wohl nicht getestet worden und auffällige Spoiler wurden auch vermieden, waren aber auch längst nicht so üblich wie heute. Froh war man ob der wegen des fehlenden Motors niedrigen Front. Sie allein gibt dem Wagen schon seine unnachahmlichen Proportionen. Manch modernem Designer ein Vorbild, was man auch ohne jegliche Sicken leisten kann.


Lamborghini Miura als Modellauto


In den Innenraum gelangen Sie über normal öffnende Türen, allerdings ist der Druckknopf dafür versteckt im Gerippe zum hinteren Lufteinlass. Drinnen eine offene Kulissenschaltung und relativ kleine Instrumente. Der Tacho geht angeberisch bis 320 km/h, so dass man in dessen Mittelstellung schon 180 km/h drauf hat.


Wer den Miura in einer solch gedeckten Farbe genommen hat, ist selbst schuld. Immerhin gab es hier zu einem erstaunlich neuartigen Design auch entsprechend 'psychodelische' Farben, besonders Grün und Gelb (und natürlich nicht Rot) waren gefragt. Noch eine Besonderheit: Der Name stammt noch nicht von einem Stier, sondern von einem Züchter. Der Spanier Antonio Miura hat angeblich auch den Kampfstier Murciélago (!) gezüchtet. Immerhin hat Lamborghini ihn anlässlich einer Spanienreise einmal kurz besucht.


Nein, besonders verwindungssteif war der Miura nicht. Gut, dass es außer zwei Cabrio-Versuchen keine Serie davon gegeben hat. Eigentlich sah der Rahmen aus großzügig bemessenen Blechprofilen mit sehr vielen runden Öffnungen zur Gewichtserleichterung relativ stabil aus, aber es waren mehrere Nacharbeiten innerhalb der Serie nötig, offenbar jedoch nicht mit durchschlagendem Erfolg.


Hier der Versuch des Centro Stile 2006, die Karosserie einem moderneren Outfit anzupassen und dabei die wesentlichen Stilelemente beizubehalten. Ob es gelungen ist, müssen Sie selbst beurteilen.


Was bleibt vom Lamborghini Miura? Ein enormes Verlangen der Märkte, das ausreichend lange Testphasen bis zur Serienfertigung wohl unmöglich gemacht hat. Eine Verarbeitung, die nur mühsam gewisse Standards erreichte. Sogar eine Klimaanlage wird später angeboten, aber die Hitze bei Beanspruchung des Motors bleibt nur für Rennfahrer/innen ertragbar. Eine vom Werk angegebene Höchstgeschwindigkeit für den ersten Miura, die von keinem Test erreicht wird. Und trotzdem eine durch Zeitmessung an zwei Mautstationen belegte Fahrzeit von 38 Minuten für 170 km (= 268 km/h), allerdings für den Miura S.

Die Luftfilter konnten zur Leistungssteigerung entfernt werden.

Hinzu kommt noch die Erkenntnis, dass man nicht unbedingt die Nachteile eines Mittelmotors in Kauf nehmen muss, um eine ausgewogene Gewichtsverteilung zu erreichen. 42 zu 58 Prozent werden trotz extremen Heranrückens des Motors an den Fahrgastraum erzielt, wenig, wenn man es mit modernen Front-Mittelmotoren und Transaxle-Bauweise vergleicht, die fast an 50 zu 50 Prozent heranreichen und deutlich weniger abhängig von der Benzinmenge im Tank sind.


Natürlich kennen Sie den: Porsche 928 ab 1977. Er ist einer der Erben des Miura. Auch er benutzt das Glas der Scheinwerfer zur Abdeckung derselben im eingeklappten Zustand. Allerdings fehlen ihm die charakteristischen Wimpern.


Damit das Kapitel nicht mit dem Konkurrenzprodukt endet, hier noch einmal einmal ein Miura SV auch ohne Wimpern, dafür aber in Rot, was eigentlich ein No-Go für einen Lamborghini ist. Vielleicht ist es deshalb auch eher ein dunkleres Rot und die Felgen sind goldfaben statt silbern oder schwarz. Unten ein anderes, aber eben kein Ferrari-Rot.








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