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  Kältemittel 2



Die Wahl des Kältemittels hat etwas mit dem Global Warming Potential zu tun. Das sagt aus, wie viel Erwärmung 1 kg eines Gases in 100 Jahren verglichen mit 1 kg CO2 bewirkt. Nach der Definition des Treibhauseffekts bezieht sich diese Erwärmung auf das Mehr an Oberflächentemperatur durch die Wirkung dieses Gases. Für Werkstätten heißt das, bei mehr als 50 kg verarbeitetem R134a greifen besondere Pflichten der Registrierung und Schulung der Mitarbeiter.

Die Entsorgung von Kältemittel kommt in der Praxis seltener vor. Bei Wartungsarbeiten wird es in der Regel gereinigt und wieder in die Anlage zurückgegeben. Fehlt Kältemittel in größeren Mengen, ist die Reparatur vor einer Ergänzung ohnehin gesetzliche Pflicht. Fehlendes Kältemittel ist in die Umwelt entwichen, was die Verantwortung für mehr Umweltfreundlichkeit noch steigert.


Was in der Regel z.B. nach einer Spülung entsorgt werden muss, ist der Ölanteil im Kältemittel. Seit R134a flächendeckend in Kraftfahrzeugen verwendet wird, brauchen wir uns mit der Schädigung der Ozonschicht nicht mehr zu beschäftigen. Das betraf den Vorgänger R12. Aber R134a ist ein Treibhausgas und nach obiger Definition 1.430 mal schädlicher als CO2.

Es ist nicht speziell bei der Typprüfung neuer Fahrzeuge verboten, sondern wird durch die Begrenzung auf ein Treibhauspotential von maximal 150 durch die EU ausgeschlossen. Allerdings gibt es ein Problem. Die Firmen Honywell unter dem Namen 'Solstice' und DuPont stellen inzwischen große Mengen des neu zugelassenen Kältemittels R1234yf her. Sie glauben fest, dass es spätestens ab 2017 in allen Neufahrzeugen verwendet wird.

Man kann sich vorstellen, dass an so einer Markteinführung viel Geld und Arbeitsplätze hängen. Immerhin benutzen schon Hersteller das neue Mittel in Fahrzeugen, die ab 2011 als neue Typen entsprechend geprüft wurden. Andere Firmen mogeln sich darum herum, indem sie für möglichst viele Fahrzeuge einen schon vorhandenen Basistyp nachweisen oder ihre Typgenehmigung vor dem Stichtag beantragten.

Was den oben erklärten GWP-Wert betrifft, ist R1234yf mit 4 weit unter dem geforderten Wert von 150. Das Problem ist der mögliche Crash. Unklar ist, wie groß die Chance ist, dass der Kältemittelkreis bei einem solchen Crash undicht wird. Mercedes, einer der führenden Kritiker, sieht das Risiko als groß an. Zweite Voraussetzung für schlimme Folgen wäre ein heißer Motor.

Die Experten sind z.T. ratlos, weil eine solche Unfallabschätzung nicht ganz einfach ist. Tatsache scheint jedenfalls zu sein, dass austretendes R1234yf sich entzünden kann und als Zersetzungsprodukt Flusssäure (Fluorwasserstoff) bildet, eine sehr ätzende und giftige Substanz. Man sagt Flusssäure nach, dass schon knapp 1 Gramm auf der Haut oder eingeatmet tödlich sein kann.

Interessant ist, dass die Hersteller die enorme Gefährlichkeit des verbrennenden Kältemittels R1234yf gar nicht bestreiten, wohl aber die Tatsache, dass ihr Kältemittel bei einem Unfall in Brand geraten kann. Man weist auf die viele Tausend Mal geringere Entzündlichkeit als bei Benzin hin. Bezüglich der Zündtemperatur sind sich amerikanische Hersteller mit 1000°C und deutsche Versuchsdurchführer mit ca. 500°C überhaupt nicht einig.

Um das Maß der Verwirrung voll zu machen, wirft die EU der Firma Honeywell auch noch kartellrechtliche Vergehen bei der Einführung von R1234yf vor. In Frankreich wird die Auslieferung verschiedener Mercedes-Modelle blockiert, was aber inzwischen durch den dortigen Gerichtshof aufgehoben wurde. Ob der mit 80 Euro/kg für R1234yf gegenüber etwas über 10 Euro/kg für R134a höhere Preis eine Rolle spielt, ist schwer zu beurteilen.

Amerika scheint, wie so oft, die inzwischen auf europäischer Ebene lautwerdenden Einwände nicht sonderlich ernst zu nehmen. Es gibt dort schon Modelle z.B. von Cadillac, die umgestellt sind und eine Armada von neuen Servicegeräten, die ebenfalls für das neue Kältemittel angeschafft werden müssen. Man geht von einer Einführung Zug-um-Zug bei allen neu auf den Markt kommenden Typen aus.

Es wird wohl auf ein Debakel hinauslaufen, zusätzlicher Stoff für das neue Handelsabkommen zwischen EU und USA. Eine Alternative könnte R-744 (Kohlendioxid) sein, was in der Kältetechnik hinreichend erprobt und nicht mit den negativen Umweltfolgen der anderen Kältemittel belastet ist.

Aber hier sind mehr Komponenten nötig, z.B. ein Wärmeübertrager zwischen der Leitung zum Expansionsventil und der zum Kompressor, die es in einfacher Form schon heute gibt. Außerdem wird die Anlage mit bis zu zehnfach höherem Druck (> 100 bar) betrieben. Bei dem hohen Druck verwundert wiederum, dass einige Experten es als Energie sparender gegenüber R134a bezeichnen. Übereinstimmung herrscht in der zur Serienreife nötigen Entwicklungszeit: etwa fünf Jahre.

Bleibt die Frage, ob Hersteller nicht die zuständige EU-Kommission verklagen, wenn sie auf ihren zweifellos hohen Entwicklungs- und Anlaufkosten sitzen bleiben. Und ob sich Amerika letztendlich nach Europa richtet? Zurück bleiben jetzt auch ratlose Werkstätten, denn auch in Europa sind Fahrzeuge schon umgestellt und die Werkstätten bräuchten in fünf Jahren die dritte Garnitur von Servicegeräten.

Wir können die Sache abkürzen, haben uns einmal die Kältemittel Anfang 2023 angeschaut. Z.B. die für unseren neuen Hyundai Elektro, der hoffentlich Mitte Februar ausgeliefert wird. Bei ihm wird als Kältemittel R1234yf verwendet. Auch ein ebenso aktueller Schwenk zu einem Mercedes E220 d T-Modell ergibt Ähnliches. Vermutlich hat Mercedes letztendlich nachgegeben.







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