Rekuperation 3

Bisweilen geistern Geschichten durch die Presse oder sozialen Medien, die von unglaublichen Ersparnissen durch Rekuperation zu berichten wissen. Manches davon machen sich auch Hersteller von E-Autos
zunutze, um damit ihre Reichweiten künstlich zu erhöhen. Kaum etwas davon ist praxisnah.
Man könnte den wesentlich geringeren Verbrauch gegenüber dem Verbrenner in der Stadt als Beweis heranziehen. Aber der beruht meist auf anderen Faktoren, z.B. dass die Start-Stopp-Automatik beim E-Auto
immer funktioniert oder dass beim Wiederanfahren nicht mühsam ein Verbrennungsmotor auf Drehzahl gebracht werden muss, um danach das ganze Fahrzeug mitzuziehen.
Auch sind die durchschnittlichen Geschwindigkeiten in der Stadt naturgemäß geringer, was dem Elektroauto mehr entgegenkommt. Ja, etwas Rekuperation kann auch beteiligt sein, aber man muss sich einfach
gewiss sein, es kann nie mehr Energie herauskommen, als vorher hineingesteckt wurde. Eher ist es in der Regel weit weniger als die Hälfte.
Dabei darf natürlich nicht hart gebremst werden und auch hängt eine Schätzung stark von den Gewohnheiten des/der Fahrers/in ab. Da gibt es (wenige) Leute, die sehr aufmerksam fahren und jede Lücke
ausnutzen. Die rekuperieren evtl. viel, aber verbrauchen auch mehr. Die große Masse reagiert jedoch im Stadtverkehr eher träge, was der Gesamtbilanz vielleicht sogar zugutekommt.
Ampelschaltungen spielen dabei auch noch eine große Rolle. Tatsache ist jedoch, dass bei den Tempi in der Stadt für die Rekuperation insgesamt auch nur ein begrenzter Spielraum bleibt. Gehen wir also unter
Umgehung der Landstraßen auf die Autobahn, wo wohl der meiste Strom verbraucht wird. Wie ist es denn hier mit der Rekuperation bestellt?
Sie können das leicht selbst überprüfen, indem Sie einmal beobachten, wie oft Sie hier etwas bis mittelstark bremsen bzw. vom Gas gehen. Nur in diesen Situationen kann überhaupt rekuperiert werden. Also bei
gleichmäßiger Fahrt nicht, egal mit welcher Geschwindigkeit. Rechnen Sie das einmal für eine durchschnittliche Fahrt von 200 km als angenommen zwischen zwei Ladesäulen zusammen.
Natürlich hängt auch das wieder von der Mentalität des/der Fahrers/in ab. Aber mit einem E-Auto wird aus bekannten Gründen noch ruhiger umgegangen als mit einem Verbrenner. Hoch gegriffen könnten Sie
vielleicht auf einer belebten Autobahn während 5 Prozent der Zeit rekuperieren. Als Modell nehmen wir einen Geschwindigkeitsverlust von 130 auf 100 km/h an, also bei einem einigermaßen aerodynamischen
Auto von 25 auf 15 kW bezogen auf die Motorleistung.
Aus den 5 Prozent werden rasch 4 Prozent, weil das System auch umschalten muss und sich die Rekuperation aus vielen kleinen Teilen zusammensetzt. Auch kommen nicht wirklich die 10 kW Differenz in der
Batterie an, weil die Gewinnung von elektrischer aus kinetischer Energie von einem denkbar schlechten Wirkungsgrad begleitet ist. Der E-Antriebsmotor ist eben, wenn überhaupt, auf wenig Verbrauch und nicht
auf günstige Rückgewinnung von Energie ausgelegt.
Seien wir großzügig und sagen, ein Drittel käme zurück, was gut 3 kW bedeuten würde. Und welche Zeit müssen wir ansetzen? Wer 130 km/h anpeilt, kommt auf deutschen Autobahnen in der Regel mit einem
Schnitt von etwa 100 km/h durch, also 2 Stunden Fahrzeit zwischen zwei Ladungen. Macht bei 4 Prozent 5 Minuten, in denen gut 3 kW in die Batterie zurückwandern.
Jetzt können Sie die genannten Annahmen bestreiten, wie Sie wollen, aber es führt kein Weg daran vorbei, dass in diesem Beispiel weniger als 0,2 kWh eingespart wurden. Autobahnen sind eben zum
Rekuperieren alles andere als geeignet. Wenn man viel Glück hat, erwischt man irgendwo im Süden eine Gefällstecke, wo man durch Segeln eine Geschwindigkeit von 130 km/h halten kann, aber da gibt es
dann oft noch eine Geschwindigkeitsbegrenzung.
Das mit dem Sparen ist nicht so einfach und es wäre nicht das erste Mal, dass potentiellen Verbrauchern/innen vor dem Kauf Flausen in den Kopf gesetzt worden wären, die sich hernach als Seifenblasen
entpuppen. Das ist ja auch das Problem von Hybridantrieben, die bei Autobahnbergen durch mehr Gewicht einen erhöhten Verbrauch haben, den sie bergrunter in der Regel nicht mehr aufholen. Für die nächste
Stadtdurchfahrt muss bei denen der Verbrennungsmotor die Batterie laden.
Die Plug-In-Hybride profitieren fast ausschließlich von ihrer ersten Ladung, weil sie unterwegs nicht nachgeladen werden. Womit wir wieder beim Stadtverkehr wären. Denn werden Sie hauptsächlich dort und nur
elektrisch betrieben, kommen ihnen alle oben beschriebenen Vorteile zugute, einschließlich der Rekuperation. Klimaschonend, wenn es das einzige Auto ist und dieses vielleicht nur ein oder zwei Mal im Jahr in
den Urlaub rollt.
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