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Rekuperation 1

Schnell hingeworfene Sätze sind Gift für eine vernünftige technische Auseinandersetzung. Eine solche Anmerkung sei hier kurz herausgegriffen: Das deutlich höhere Gewicht eines reinen E-Autos sei deshalb im
Vergleich des Verbrauchs zu einem Verbrenner nicht signifikant, weil das ja durch Rekuperation wieder hereingeholt würde. Außerdem werde ja der Motorraum eines Verbrenners von Kühlluft durchströmt, was
ebenfalls Verluste bringt.
Dass die Verluste an Aerodynamik unter ganz anderen Umständen ins Gewicht fallen als die durch hohes Gewicht, wird hier überhaupt nicht berücksichtigt. Erstaunlicherweise steigt gerade bei einem E-Auto
der Verbrauch bei höheren Geschwindigkeiten stärker an als bei einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor.
Nein, vollkommen angleichen werden sie sich nie. Nehmen Sie nur als Grundlage den VW-Golf. Als ID.3 verbraucht er unter guten Bedingungen ca. 20 kWh bei 120 km/h, als Diesel etwa 5 L/100km. Beides sind
Werte des Bordcomputers. Sollte der Diesel 5,5 Liter verbrauchen, rechnen wir bei ID.3 die Ladeverluste hinzu. Insgesamt geht die Rechnung natürlich zugunsten des E-Autos auf, denn 20 kWh entsprechen vom
Heizwert her ungefähr 2 Litern Diesel.
Dem E-Motor wird also Energie geliefert, die viel leichter in Bewegung umzusetzen ist. Dafür ist die Energie des Verbrenners viel dichter gepackt. Ein 50L-Tank entspräche bei diesem Vergleich einer 500 kWh-
Batterie mit einem Gewicht von etwa 4 Tonnen. Rechnen wir das Gewicht des Tanks großzügig mit 50 kg, so schleppt das E-Auto bei gleicher Reichweite 80 Mal so viel Tankgewicht mit sich herum, spart
freilich etwas davon beim Motor und sehr viel bei Kupplung, Getriebe und z.B. Abgasanlage.
Eine gewisse Durchströmung braucht auch das E-Auto, weil bei kaum einem nur noch mit Luft gekühlt wird. Gerade beim Laden scheint die Flüssigkeitskühlung enorm wichtig zu sein, um einen hohen
Anfangswert und besonders eine gewisse Stabilität der Ladeleistung zu garantieren. Wissen Sie übrigens, warum der vom Hersteller angegebene Verbrauch multipliziert mit der Reichweite oft eine höhere als
vorhandene Batteriekapazität ergibt? Weil hier häufig die Ladeverluste mit eingerechnet sind. Das führt zu dem paradoxen Fall, dass eigentlich der ohnehin schon viel zu niedrig angesetzte WLTP-Wert eigentlich
noch geringer sein müsste.
Was wird noch dauernd als Vorteil für das E-Auto ins Feld geführt? Ach ja, die Rekuperation. Reichlich unverständlich, denn man tut so, als habe es diese sozusagen gepachtet, als wäre die nur bei E-Autos
möglich. Wissen Sie, dass es sogar Sets gibt, um durch Austausch des Generators und einer zusätzlichen Steuerung so etwas bei einem ganz normalen Auto nachzurüsten? Tun Sie es nicht, denn solche
Systeme sind nicht sehr effektiv.
Jetzt wollen wir einmal ein Vorkommen von Rekuperation abspalten, nämlich die bei mehr oder weniger scharfem Bremsen. Die können Sie leicht nachvollziehen. Sie brauchen nur die Zeit zu stoppen, in der Sie
so etwas tun. Nur als Anhaltspunkt: Scharfes Bremsen von 100 km/h auf Null dauert etwa 3 Sekunden. So, jetzt können Sie sich einmal überlegen, wie unglaublich viel Energie in dieser Zeit zurückgewonnen
werden kann. Wissen Sie was, wir vergessen diesen Anteil einfach. Bei Tesla ist er anscheinend immer noch nicht implementiert.
Jetzt kommen wir auf den Anteil, der Freunde des E-Autos mit Recht so stolz macht, die lange Bergabfahrt. Kann der Verbrenner hier gegenhalten? Nur mit Aufwand, bei dem gefragt werden muss, ob er sich
z.B. für Flachland-Tiroler lohnt. Man müsste eine Batterie von mindestens der Größe der zu erwartenden Energie durch Rückgewinnung oder besser das Doppelte davon installieren. Dazu noch ein E-Motor an der
Kurbelwelle und/oder vielleicht noch besser am Turbolader. Zugegeben, nicht gerade kostengünstig, aber bei Rekuperation vergleichbar wirkungsvoll.
Also im Bergland sichert sich das E-Auto Punkte, weil für die Rekuperation dort kein Zusatzaufwand betrieben werden muss. Wie aber ist das im relativen Flachland? Da gibt es inzwischen nicht nur
Automatikgetriebe, sondern auch elektrische Kupplungen mit Segelfunktion. Dabei ist die Variante mit Abstellen des Motors noch kostenintensiver, weil hier verschiedene Nebenaggregate elektrifiziert werden
müssen. Aber wer neu mit so einem System konfrontiert wird, bemerkt erst einmal, an wie vielen Stellen eines ganz normalen Straßenverkehrs Segeln möglich ist.
Wer allerdings sämtliche dieser Zusatzausgaben scheut und trotzdem etwas für den Verbrauch bzw. die Umwelt tun will, dem ist ohnehin das Rekuperieren ein Dorn im Auge. Sicherlich, bequem ist das
komplette Fahren mit nur einem Pedal, aber ist es auch immer verbrauchsfreundlich? Wohl nicht, wie eine Fahrpraxis zeigt, bei der man bei fast jeder Zurücknahme des Gaspedals gleichzeitig auch den Gang
rausnimmt. Zugegeben, der Motor läuft weiter, aber zu einem Kurs von z.T. deutlich unter einem Liter pro Stunde.
Nein, einmal eingeübt, merken Sie davon nichts mehr. Auch die Tatsache, dass Sie diese Fahrweise nicht stur ohne einen häufigen Blick in den Rückspiegel beibehalten sollten, ist Ihnen nach einer gewissen
Zeit nicht mehr bewusst. Eher fällt Ihnen auf, wie oft im normalen Straßenverkehr unnötig gebremst wird, obwohl es doch schon schleppend genug vorangeht. Und wenn Sie dann Ihren Verbrauch gerade im
Stadtverkehr genauer betrachten, kriegen Sie ein Gefühl für den Stellenwert der Rekuperation und wie viel davon schon mit einem ganz normalen Verbrenner zu holen ist.
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