Kfz-Technik - Hilflos ausgeliefert
Mit den Mitteln einer normalen Werkstatt hätte man diesen Fehler in 10 Minuten diagnostizieren
können . . . |

Ja, das kann man sagen: Hilflos fühlt sich manche(r) Autofahrer/in oft einer Werkstatt ausgeliefert. Und hier können wir leider die freien Werkstätten nicht ausschließen. Und damit das jetzt keine theoretische
Veranstaltung wird, gehen wir doch gleich einmal hinein in die Praxis.
Nehmen wir an, Ihr Auto ist schon etwas in die Jahre gekommen, hat aber keineswegs schon die durchschnittliche Grenze in Deutschland von 12 Jahren erreicht. Die 100.000 km sind auch schon längst
überschritten, jetzt bockt auf einmal der Motor.
Die Werkstatt macht eine Probefahrt und bestätigt den Fehler. Wenn Sie Glück haben, sind noch keine umfangreichen Arbeiten ohne Ihre Freigabe erfolgt. Aber was nutzt es Ihnen,
schließlich wollen Sie den Wagen mit seinem Fehler nicht wieder mit nach Hause nehmen.
Sie werden es immer wieder merken, der gesamte Prozess hat irgendwie etwas Zwanghaftes, dem Sie sich nicht entziehen können. Wir müssen auch das 'Bocken' nicht näher beschreiben. Das kann höherer
Ölverbrauch sein, schlechte Leistung oder ein Problem mit dem Abgas. Oft ist es nur eine Kontrollleuchte, die partout nicht ausgehen will.
Es kommt, wie es kommen soll, die Werkstatt legt Hand an. Wir setzen jetzt den oben abgebildeten Schaden voraus und schauen einmal, wie die Werkstatt damit umgeht. Ihr Wagen ist vermutlich zu viel im
Winter auf Kurzstrecken bewegt worden und es ist Benzin ins Öl gelangt. Ein häufigerer Ölwechsel hätte stattfinden müssen, die Schmierung hat teilweise versagt.
Das weiß die Werkstatt zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht. Sie beginnt für einen Stundenlohn zwischen 100 und 200 € mit der Demontage. Irgendwann hat sie den Motorblock mit Kurbelwelle in den
Händen. Warum sie für dessen Betrachtung den Motor nicht im Fahrzeug gelassen hat, man weiß es nicht.
Es gibt kaum eine schönere Arbeit für den/die Mechaniker/in als die Demontage. Man schaut sich in Ruhe alle möglichen Teile an und beurteilt deren Zustand, bei wenig Fachwissen eher sehr kritisch mit viel
Ausschuss, bei mehr Fachwissen kann man auch schon einmal die Fünfe gerade sein lassen.
Man ist zu nichts verpflichtet. Hier wird ein Fehler nicht bestraft, wie beispielsweise beim Zusammenbau. Man achtet nur darauf, die Teile entsprechend zuzuordnen. Bisweilen kommt es sogar hierbei noch zu
unverzeihlichen Fehlern. Für den/die Kunden/in ist wichtig: Irgendwann ist schon etliches an Kosten aufgelaufen.
Wenn der/die Pech hat, schickt die Werkstatt sogar noch Teile zu speziellen Aufbereitern, baut also die Kurbelwelle nicht selbst aus, weil die Zylinder eh' nachgearbeitet werden müssen, denn sie haben nach
unserer Vorgabe Riefen. Der Aufbereiter für den Zylinderkopf stellt dann auch noch kleine Haarrisse zwischen Kerzenbohrungen und Ein-/Ausgangskanälen fest.
Es gibt Fachleute, die sagen, dass solche vermutlich schon länger existieren und die so bleiben können. Beurteilen aber Aufbereiter und Werkstatt zusammen, dann will keiner von beiden die Verantwortung
übernehmen. Auch Laserschweißen wird dann verworfen. Ergebnis: Ein neuer Zylinderkopf und jetzt auch zwei neue Nockenwellen.
Sie merken schon, das Ding wird zum Selbstläufer. Und es gibt auch kein Entrinnen. Bei Riefen im Zylinder, ohne die Möglichkeit des Austauschs bei Buchsen, muss zwingend ein Aufbereiter hinzugezogen
werden. Keine normale Werkstatt kann das selbst machen. Würde man an dieser Stelle der Werkstatt den Vorwurf der Kostenexplosion machen, die würden einen entgeistert anschauen.
Das ist ein berüchtigter Fehler im Handwerk. Dort geht man heutzutage zu wenig davon aus, dem/der Kunden/in Geldausgaben zu ersparen, was früher zu einer lebenslangen Treue geführt hat. Anscheinend
sind heutzutage genügend Kunden/innen vorhanden bzw. deren Probleme zu vielfältig. Wer weiß, ob man sich überhaupt noch einmal wiedersieht.
Betrachten wir das bisher Erzählte aus der Sicht des/der Kunden/innen, so ist die Situation eher verheerend. Es sind schon ziemliche Kosten vorhanden, aber das Auto ist in einem noch trostloseren Zustand
als vorher. Hoffentlich hat noch keiner der Aufbereiter mit seiner Arbeit begonnen.
Auf Kosten reagiert man in der Werkstatt mit noch höheren Kosten. Man schlägt einen Austauschmotor vor, ungeachtet der Tatsache, ob das bei einem so alten Zweitauto überhaupt noch lohnt. Ist geradezu
zwangsläufig, denn ohne Demontage hätte man das Auto vielleicht noch mit Defekt am Motor verkaufen können.
Aber jetzt würden sogar Kosten entstehen, die ganzen Teile samt Restauto zu entsorgen. Wenn einen die Werkstatt vor so eine Entscheidung stellt, dann gibt es da kaum eine Wahl. Trotzdem, würde sie zur
Rede gestellt, sich keines anderen Weges bewusst sein.
Zum Glück handelt es sich um einem Massenhersteller, so dass es überhaupt einen Austauschmotor gibt und der 'nur' ca. 7.000 € kostet. Glück gehabt, oder? Für die Werkstatt eine feine Sache. Das ist ein
toller Job, so einen Rumpfmotor mit den Teilen des alten zu versehen und dabei auch noch das eine oder andere Teil zu erneuern, alles natürlich gegen Stundenlohn.
Nur, war denn das Auto noch die investierten Summen wert? In aller Regel nicht und wenn der/die Besitzer/in Pech hat, geht danach noch etwas anderes kaputt. Aber hätte man den ganzen Schlamassel
vermeiden können? Ja, hätte man, wenn man das ganze Problem von den/der Kunden/in aus bedacht hätte.
In diesem Fall: Vier Kerzen raus und mit einer Kamera in die Zylinder geschaut, der größte Teil des Schadens wäre offenbar geworden. Hier wäre dann eine wirklich freie Entscheidung ohne Kostendruck
möglich gewesen. Und auch zu anderen, möglicherweise ebenfalls kapitalen Schäden gibt es genügend Prüfmöglichkeiten.
In der Vergangenheit bestand die Fachmannschaft im Kfz-Bereich eben genau darin, mit hoher Wahrscheinlichkeit von außen auf innere Schäden zu schließen und Kunden(innen unnötige Kosten zu ersparen.
Leider sind diese in unserer Zeit in Richtung Schraubertum untergegangen. Das Kfz-Handwerk hat zu großen Teilen seine Unschuld verloren.
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