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Ford - Fließfertigung



Die Notwendigkeit ist bedingt durch den Erfolg des zu dieser Zeit einzigen Modells T. Henry Ford und seine Mitarbeiter suchen nach immer neuen Möglichkeiten, das Auto noch preiswerter und in größeren Stückzahlen zu fertigen. Schon seit langer Zeit interessieren sie sich für entsprechende Maschinen. Unten im Bild ist eine Fräsmaschine aus dem Jahr 1912 zu sehen, die 15 Motorblöcke des T-Modells auf einmal von unten bearbeitet.


Nach Frederic Taylor ist die Methode benannt, die Zeit- und Bewegungsabläufe in der Produktion zu studieren und rationeller zu gestalten. Die zu montierenden Teile kommen zum Menschen. Der soll seine Energie für die eigentliche Arbeit einsetzen. Frühere Komplettmontagen werden in kürzest mögliche Tätigkeiten von bis zu weniger als 10 Sekunden aufgeteilt. Bei Henry Ford hört sich das sehr einfach und extrem an. Danach soll ein Arbeiter das Bauteil platzieren, der zweite die Schraube anbringen, der dritte die Mutter draufdrehen und der vierte diese festziehen.

Ganz so extrem wird es nicht gehandhabt, vor allem, weil alles eine Ersparnis bringen muss, die in Vorversuchen mit der Stoppuhr peinlich genau ermittelt wird. Allerdings sind die Auswirkungen des neuen Systems enorm. Da man nicht gut nur teilweise auf Fließfertigung umstellen kann, wird das ganze Werk in relativ kurzer Zeit auf den Kopf gestellt, was schon im Jahr 1914 eine Verdoppelung der Produktion bei geringerer Beschäftigtenzahl ergibt.

Aber auch die Folgen für den/die einzelne(n) Arbeiter/in sind gravierend. Nicht nur, dass dieser Arbeitsplatz nach kürzest möglicher Anlernzeit neu besetzt werden kann. Was sind die Folgen, wenn man alle 10 Sekunden das Gleiche tut? Dazu kommen Hitze, Gestank und andere Beeinträchtigungen. Und wenn immer wieder jemand auftaucht, der noch mehr Zeit einsparen will. Nicht selten sind handfeste Auseinandersetzungen, wenn jemand gesetzte Zeiten unterbietet. Und was erzählt man, wenn man draußen nach dem Inhalt seiner Arbeit gefragt wird?

Für Henry Ford ist das erst der Anfang. Er kann durch Senkung des Kaufpreises noch mehr Käufer für sein Produkt gewinnen und seinen Arbeitern mit knapp 4 Dollar den doppelten Tageslohn zahlen. Zusätzlich reduziert er die Schicht von 10 auf 8 Stunden. Das ist für ihn zunächst einmal sehr werbewirksam. Sein Hintergedanke ist jedoch, durch drei durchlaufende Schichten die Tagesproduktion nochmals unglaublich zu erhöhen. Heutige Autowerke benutzen die Nachtschicht eher für Reparaturen.

Eine Fließfertigung führt man nicht über Nacht ein, noch vollendet man sie vollständig innerhalb eines Jahres. So kann der September 1913 in Highland Park nur als Beginn einer langen Strecke aufgefasst werden. Genauer gesagt, noch heute werden die Weichen für die Produktion von Automobilen dauernd neu gestellt, besonders, wenn man an die E-Mobilität denkt.


Es ist also der Versuch der ständigen Verbesserung der Produktion. Allgemein formuliert erhofft man sich die Fertigung von mehr Autos in der gleichen Zeit und mit weniger Arbeitskräften. Das ist im Falle Ford wohl auch ein Zwang von außen, denn die Anzahl der Bestellungen hat sich schon wieder verdoppelt. Weniger Aufstockung von Arbeitsplätzen, als in einer solchen Situation bisher üblich, würden diese vielleicht auch sicherer machen. Henry Ford strebt sogar mehr mit der Einführung des Fließbands an, nämlich auch die Löhne zu erhöhen.


Das wird dann später zum Kreislauf, weil er gleichzeitig hofft, die Preise für seine Autos so senken zu können, dass man sich von seinem Lohn bei Ford einen solchen leisten kann. Allerdings werden die anvisierten fünf Dollar, mehr als das Doppelte des bisher Gezahlten, nur selten erreicht, weil diese an berufliche und sprachliche Weiterbildung, sowie Kontrolle des Sozialverhaltens durch eigene Teams von Ford gekoppelt ist.


Immerhin kommen vielleicht, zusammen mit dem auch Jahrzehnte später noch beibehaltenen Prämiensystem, manche in die Reichweite der vier Dollar und da das auch noch mit einem Acht-Stunden-Tag kombiniert ist, stellt es eine gewaltige Verbesserung dar. Aber, machen wir uns nichts vor, die Fließfertigung powert die Menschen auch deutlich mehr aus.


Es war ähnlich wie heute, die größte Zahl wird kommuniziert und schon am nächsten Morgen kann man sich bei Ford vor langen Schlangen von Arbeitssuchenden kaum retten. Immerhin ergibt die Reduktion auf acht Stunden eine zusätzliche Schicht, für die Tausende nötig sind, aber eben nicht so viele, wie draußen in der Kälte ihre Arbeitskraft anbieten.


Es ist zu der Zeit immer noch üblich, das Werk z.B. über Weihnachten zu schließen und die Leute ohne Lohn bis Anfang Januar nach Hause zu schicken. Jetzt kommt hinzu, dass sich dann wieder lange Schlangen bilden, aber die Zeit der Rekrutierung vorbei ist. An diesen muss das reguläre Personal vorbei, was schließlich zu Auseinandersetzungen führt, die nur durch die Werkspolizei und einen massiven Wasserschlauch gelöst wurden.


Fords bisher glorioses Image ist zunächst einmal dahin. Zumal er sich selbst natürlich auch eingestehen muss, dass er die Lohnerhöhungen in relativ kurzer Zeit durch Rationalisierung mehr als einspart. Man spricht von über 80 Prozent Zeitersparnis schon innerhalb der ersten großen Phase der Fließfertigung. Allerdings konnte die Veränderung des Arbeitstempos mit der Stoppuhr naturgemäß nur auf die Knochen der Arbeitnehmer gehen.


So kommt es wiederum zu einer massiven Abwanderung von solchen Arbeitnehmern, deutlich mehr, als durch die Rationalisierung nach und nach eingespart werden. Außerdem hat der Bomm bei Ford die Stadt in ihrem Sozialgefüge ziemlich verändert. Das Werk setzt seine 'Sociological Department' mit immer mehr Teams dagegen, dass z.T. massiv in das Privatleben der Arbeiter eingreift.

Die bei Ford arbeitenden Frauen können übrigens nicht an den höheren Löhnen teilnehmen. Nach Henrys Meinung reicht es, wenn sie sich attraktiv kleiden können und sich um eine Ehe bemühen. Umgekehrt reserviert Ford bis in die heutige Zeit massiv Arbeitsplätze für Behinderte und einen Teil davon für entlassene Strafgefangene.

Während die fünf Dollar Lohn am Tag ohnehin an eine Probezeit von einem halben Jahr gebunden sind, wird die Teilnahme an Sprachkursen erwartet, für die es ein extra angeheuertes Schiff bei Ellis Island gibt. Man macht sich heutzutage vielleicht nicht klar, dass die Anzahl von bei Ford arbeitenden Migranten im Gegensatz zu den in USA geborenen Arbeitern mehr als doppelt so hoch ist.









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