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Fiat 126 und Maluch
Reihen-Zweizylinder, 594 cm3 (73,5 mm * 70 mm), 7,5 : 1, 39 Nm bei 3400/min, 17 kW (23 PS) bei 4700/min, Luftkühlung, Heckmotor, längs, Hinterradantrieb, Trommelbremsen v/h, Zweikreis,
Radstand 1.840 mm, Länge 3.054 mm, Breite 1.377 mm, Höhe 1.300 mm, Leergewicht 590 kg + Fahrer(in), Anhängelast, 450 kg (12 %), 105 km/h, ab 1972, Kaufpreis, 4.990 DM.
Wir erinnern uns noch gut an zwei Phänomene im Verkehr der Volksrepublik Polen, die nicht zusammenzupassen scheinen, die meist äußerst buckeligen Autobahnen und der unheimlich oft vorkommende Fiat 126
Polski, ausgerechnet das Auto, das die Insassen am meisten durcheinanderschüttelte.
Da half bisweilen auch langsames Fahren nicht, was ohnehin mit diesem Auto nur möglich war. Unsereiner hatte den Eindruck, dass es ab 120 km/h etwas besser wurde, Schäden am Auto in Kauf genommen. Später
hat sich die EU dieser Situation angenommen, aber da war es schon beinahe vorbei mit dem 126p.
Er datiert aus einer Zusammenarbeit zwischen Fiat in Turin und der schon lange existierenden Firma Polski-Fiat. Diesmal werden allerdings als Kompensation für die Lizenz keine leicht rostenden Bleche aus dem Osten
geliefert, sondern im Laufe der Zeit 800.000 fertig montierte Treibsätze.
Beide Versionen kommen ungefähr gleichzeitig 1972/73 auf den Markt. Wie die Zahl '126' andeutet, hatte man schon sehr früh (1968) begonnen, sich mit einem Nachfolger für den 500 Nuova zu beschäftigen, Allein die
Meinungen gingen weit auseinander, was z.B. Dante Giacosa gegen Ende seiner Dienstzeit die Rolle eines Statisten zuwies.
Es ist also durchaus eine schwere Geburt. Dafür ist das Styling aber überraschend gut gelungen. Der Neue hat im Prinzip die Bodengruppe und den Antrieb des Alten, nur die Karosserie wird verlängert und stabilisiert,
der Motor entsprechend verstärkt. Das wichtigste Maß für die Beurteilung des Innenraums bleibt ebenfalls unverändert, der Radstand.
Man sieht es auch, wenn man den Wagen von der Seite anschaut, er hätte hier ein paar Zentimeter mehr gut gebrauchen können. Aber der Druck auf die Kosten ist hoch. Er darf wegen der Bedürfnisse im eigenen Land
und natürlich auch in Polen nicht zu teuer werden. Also stellt man seine Vorteile heraus, z.B. seine Wendigkeit in der Stadt und Vorteile beim Parken.
Einzig der Tank wandert nach hinten, was diesen eigenartigen Verschluss auf der linken Seite, aber auch mehr Gepäckraum und Sicherheit bei Unfällen ergibt. Er bleibt ein Auto mit rappeligem Zweizylinder-Twin, der
denkbar ungünstigsten Auslegung eines Mehrzylinders. Da kann man fast auf den zweiten Zylinder verzichten, weil beide immer das Gleiche tun, immerhin bei 126 mit relativ großen Schwungmassen.
Starter direkt betätigt, ohne Magnetschalter. |
Es ist auch mit dem Datum der Siebziger Jahre höchste Zeit, dass die Gänge synchronisiert werden, was sich beim ersten dann als nicht möglich erweist. Giacosa weist deutlich auf die Vorteile des Fahrwerks hin, z.B.
die Querblattfeder vorn, die den Stabilisator ersetzt. Hinten gibt es allerdings keine zeitgemäßen Schräglenker, weil außen echte Gelenke fehlen, wodurch positiver Sturz möglich ist.
Hier oben sehen sie den Wagen mit L-Ausführung. Sie kostet 300 DM mehr und bietet Liegesitzbeschläge und bessere Materialien für Armaturenbrett und Sitzbezüge. Der Fußraum ist dann mit Teppich statt
Gummimatten ausgelegt. Sie sehen oben den äußeren Flankenschutz, der mit breiteren Stoßstangen kombiniert wird. Die heizbare Heckscheibe gibt es eigenartigerweise nur in der L-Ausstattung, allerdings gegen 95
DM extra. Dafür ist hier das Sonnendach bedeutend billiger. Statt 350 DM kostet es nur 200 DM.
Vier Stoßfänger im Laufe der Entwicklung: lackiert, verchromt, harter und weicherer Kunststoff. |
Wichtig bleibt noch zu erwähnen, dass es auch den Drehstromgenerator nur in der L-Version gibt, während sich automatisch aufrollende Gurte, Radialreifen und Zweikreisbremse für beide Versionen obligatorisch sind.
Trotz aller Aufpreise bleibt der Fiat 126 mit 5,4 Liter/100km ein günstiges Auto, auch wenn Fahrsicherheit, -komfort und auch die Fahrleistungen schon damals in Deutschland am Rand des Akzeptablen liegen.
Am schnellen Vorankommen hinderten nicht nur Nutzfahrzeuge, sondern auch eben jene Fiat 126p, die VW-Käfer a la Polski, insgesamt bis 2000 ca. 3,3 Mio. Mal gebaut. Nein, die Höchstgeschwindigkeit von
105 km/h haben die Besitzer/innen ihrem mühsam erworbenen Gefährt nicht zumuten wollen, höchstens knapp 80 km/h Tacho, eine Herausforderung, wenn man dahinter ist und noch bis zur Masurischen
Seenplatte will.
Es gibt von Fabryka Samochodow Malolitrazowych noch den Fiat Polski, der dem 125 nur äußerlich, aber nicht in der Technik gleicht, und den Polonez, eine Kombilimousine mit ähnlich bescheidener
Technik, die aber ein für polnische Verhältnisse schier unermessliches Geld kostet. Tragisch auch für den 126p ist, dass er in eine Zeit hineingeboren wird, in der man eigentlich gehofft hat, es würde aufwärts
gehen.
Kosenamen |
Bambino | Ital.: Kleiner/s |
Maluch | Poln.: Knirps |
Peglica | Jug.: Bügeleisen |
Bolha | Slow.: Floh |
Polaquito | Kuba: Kleiner Pole |
Es hat seinen Grund, dass er so lange gebaut und nicht, wie im Westen, zumindest durch einen polnischen Panda ersetzt wird. Die Wartezeiten sind zwar nicht ganz so lang wie später in der DDR, aber mit
durchschnittlich fünf Jahren muss man rechnen. Und um überhaupt auf die Warteliste zu kommen, ist natürlich eine gehörige Anzahlung fällig. Gebrauchtwagenhändler gibt es nicht, sein 'altes' Auto wird man
spielend los.
Etwa ab 1976 erhöht sich der politische Druck der kommunistischen Regierung und verschlechtert sich die wirtschaftliche Situation. Erhöhung der Preise für Grundnahrungsmittel sorgen für erste Unruhen.
1978 wird der Pole Karel Wojtyla Papst, 1980 Solidarnosc gegründet. Immerhin war auch die Herstellung eigener Fahrzeuge mit westlichen Lizenzen auf der Hoffnung gegründet, man könne durch ihre
Verkäufe zu Devisen kommen. In der DDR riecht es nach Zweitaktern, in Polen nach Kohle.
Der wirtschaftliche Absturz Polens ist dramatisch. Anfang 1981 werden Lebensmittelmarken eingeführt. Ende des Jahres kommt es zur Verhängung des Kriegsrechts unter General Jaruzelski und einer Welle
von Verhaftungen. Erst seit dem Ende des Kommunismus 1989 entwickelt sich die Wirtschaft wieder. Ab 2004 fließen EU-Mittel deutlich fühlbar z.B. in den Straßenbau.
Unter diesen Umständen ist vielleicht erklärlich, dass sich an den in Bielsko Biala (bis 1980) und Tychy produzierten 126p bis 1987 nicht viel verändert hat. 1980 hatte man die erste Million erreicht und
vielleicht auch wegen dem Ende der Fertigung des 126 in Italien schon 1985 die zweite. 1983 gibt es nur den 650 E (Bild oben) mit 647 cm3 Hubraum.
1987 kommen dann mit dem 126 BIS die ersten wirklichen Veränderungen. Der Motor wird auf 700 cm3 vergrößert, flüssigkeitsgekühlt und wie einst bei dem Fiat 500 Giardiniera auf die Seite gelegt. Dadurch
ergibt sich ein Laderaum über dem Motor mit einem Zugang durch eine größere Heckklappe. Leider hat sich die Kühlungsart in diesem Fall nicht bewährt, so dass die Version bald wieder verschwindet.
126-Prototypen von FSO |
Verlängerung vorn |
Coupé-Variante |
Kofferaufbau mit Klappe |
Offene Military-Version |
Vielradler |
Kettenfahrzeug |
Verlängerung (unten) |
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