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  Turbolader



kfz-tech.de/PDM60

So ein richtig fettes Teil, damit wollen wir dieses äußerst wichtige Kapitel eröffnen. Sie werden gebeten, es auch nicht vorzeitig zu verlassen, denn am Schluss halten wir noch ein Highlight für Sie bereit, das Sie auf keinen Fall verpassen dürfen. Hier wird der Diesel endgültig eine gewisse Verwandtschaft mit einem modernen F1-Motor eingehen.

Geschichtlich hat es ganz harmlos angefangen. Am Rennsport interessierte Ingenieure haben mit so einem Gerät unglaubliche Leistungen aus Rennmotoren herausgeholt. Unter den vielen möglichen Beispielen sei hier nur der F1-Motor von BMW (Bild unten) erwähnt, aufgebaut aus 'abgehangenen' (ein Begriff aus dem Fleischerhandwerk) GG-Motorblöcken des BMW 1500. Offensichtlich mussten die gebraucht sein und ein gewisses Alter haben, um den Strapazen gewachsen zu sein, die BMW mit ihnen vorhatte.


Es ist die Zeit der Qualifikationsmotoren, die so eingehend getunt sind, dass sie offensichtlich ein ganzes Rennen nicht durchhalten. Man nutzt sie nur, um den besten Startplatz zur erreichen, sich für das Rennen die günstigste Ausgangsposition zu verschaffen. Man glaubt es kaum, aber die BMW-Rennabteilung soll diesen Motor mit angeblich bis zu 5 bar Druck aufgeladen haben. Ein Wunder, dass er überhaupt eine ganze Runde geschafft hat.

Insgesamt hat der Turbolader zu der Zeit aber keinen guten Ruf. Die Konstruktion ist zwar einfach, aber je mehr Leistung ein Motor mit ihm entfaltet, desto deutlich tritt das Turboloch zutage. Vereinfacht erklärt bedeutet das eine Verzögerung zwischen Gas geben und Drehmomentsteigerung, je niedriger die Motordrehzahl wird, umso schlimmer. Stellen Sie sich vor, wie schwer das Gaspedal mit dieser Verzögerung zu dosieren ist, wenn man gerne vor der Kurve Gas wegnehmen und in der Kurve beschleunigen möchte.

Dieses Verhalten ist für einen Dieselmotor nicht ganz so nachteilig, weil der auch damals schon keine Drosselklappe hat, die einen Stau im Verdichterteil des Turbos verursachen und die Drehzahl stark absacken lassen könnte. Er ist ohnehin ein phlegmatischer Geselle, eher verhalten in Sachen spontaner Leistungsbereitschaft. Und so erobert der Turbolader den Markt der Lkw-Motoren. Eine Bedingung dazu ist das Wastegate (Bild unten), ein Ventil, das die Druckseite des Laders zur Abgasanlage hin öffnet, dass es im Übrigen aber schon länger gibt.


Die Neuheit bestand darin, den Turbolader quasi zu überdimensionieren, ihm also viel mehr Ladevermögen mitzugeben, als der Motor braucht. Und damit der sich nicht selbst zerstört, wird der Ladedruck durch das Wastegate ab einem bestimmten Wert zurückgenommen. Seitdem haben die Drehmomentkurven keine Spitze, sondern eine über einen größeren Drehzahlbereich reichende Waagerechte. Man gibt jetzt z.B. 2000 Nm bei 1200-1700/min an.


Durch diese neue Regelung ist das erhöhte Drehmoment jetzt da, wo man es braucht. Allerdings zeigt so ein Diagramm nicht an, mit welcher Zeitverzögerung es erzeugt wird. Man ermittelt es auf dem Prüfstand, bringt also im Prinzip die Drehzahl auf 1200/min und versucht diese durch immer mehr Gas geben beizubehalten, während man dem Motor durch eine Art Bremse immer mehr Drehmoment abverlangt. Am Schluss wird das Drehmoment für 1200/min notiert, bei dem der Motor die Drehzahl gerade noch mit Vollgas halten kann.

Sie sehen, von einer Ansprechzeit ist da nicht die Rede, Turbolöcher kommen in einem normalen Leistungs- bzw. Drehmomentdiagramm nicht vor. Aber vermutlich ist auch Ihnen bewusst, dass so ein riesiger Motor eines Schwerlasters mit so viel Hubraum auf einem Zylinder, wie ein Pkw-Diesel insgesamt hat, ohnehin relativ träge reagiert, besonders, wenn da auch noch insgesamt 40 Tonnen dranhängen. Es geht bei einem solchen Lkw auch nicht so sehr ums Beschleunigen, sondern eher, die Geschwindigkeit und damit den Gang am beginnenden Berg so lange wie möglich zu halten.

Viele Gänge machen also u.U. beim Lkw also auch für normale Fernlaster Sinn. Wozu führte die Aktion mit den Turboladern? Man könnte es das erste Downsizing nennen, wodurch die Sechszylinder inzwischen unter sich sind, spielend Leistungen erbringen, die man früher nur mit V8-Motoren zu erreichen ansah und das mit deutlich weniger Verbrauch. Übrigens hatten bei der Vielzylindrigkeit wie so oft die Amerikaner eine Spitzenposition erreicht. Ich hatte die Ehre, einen Peterborough mit zwei mal sechs Zylindern nebeneinander kennenzulernen, wohlgemerkt mit zwei Kurbelwellen. Der Besitzer/Fahrer meinte, der Verbrauch sei gar nicht mal so hoch.

Also durch das Downsizing wurden die Motoren vielleicht auch etwas 'spritziger' trotz Turboloch. Und man darf bei einem Lastesel natürlich das jetzt günstigere Verhältnis von Nutzlast zu Leergewicht nicht vergessen. Und als dann die Schwierigkeiten mit dem deutlich höheren Druck beim Lkw überwunden sind, überlegt man, dieses Prinzip auch auf den Pkw zu übertragen. Der hat gerade, schon reichlich verspätet, die Direkteinspritzung übernommen und man versucht sich jetzt auch dort an der Aufladung.

Allerdings treten hier die Probleme mit dem Turboloch gravierender zutage. Moderne Pkws halten auch dann die Geschwindigkeit am (Autobahn-)Berg, wenn der/die Besitzer/in nicht gerade die stärkste Motorversion gewählt hat. Aber beschleunigen z.B. beim Überholen, das soll ein Pkw stante pede. Es folgt die bekannte Leidenszeit, die eigentlich immer noch anhält. Kommen Tester auf diesen Punkt zu sprechen, muss man schon sehr genau hinhören, um immer noch eine leise Kritik zu vernehmen. Aber sie ist noch immer latent.


Immerhin gibt es mit der variablen Turbinengeometrie einen kleinen Qualitätssprung. Statt über ein Wastegate wird der Ladedruck durch verstellbare Leitschaufeln direkt im Turbinenteil eingestellt. Auch ist auf einmal der Reihen-Sechser beliebt, weil sich auf seiner Einlassseite eine ganze Batterie von Ladern (Bild unten) anbringen lässt. Nur ein kleiner geht ja nicht bei immerhin schon drei Liter Hubraum. Also ein kleiner und ein großer und die Wege so geschickt geöffnet, dass der große mit seiner gewissen Trägheit erst bei größerem Luftdurchsatz hinzukommt. Oder aufgeteilt in zwei kleinere für jeweils drei Zylinder. Oder einer mit zwei Verdichterkammern. Es endet wohl vorläufig bei drei Turboladern.


kfz-tech.de/PDM56

Benziner, die von diesem Prinzip und dem Verbrauchsvorteil profitieren wollen, kombinieren Turbolader und Kompressor. Leider hat man den Comprex-Lader (Bild unten) nicht weiterentwickelt. Der hätte mit Sicherheit eine Antwort auf das Problem des Turbolochs gegeben. Bis heute ist es nicht zuverlässig beseitigt worden. Und jetzt, da man den Dieselmotor am liebsten abschaffen würde, gibt es auf einmal Hoffnung, wenn auch bisher erst als Prototyp.


Zum zweiten Mal hat die Formel 1 den Weg bereitet, nämlich mit einem zusätzlich elektrisch antreibbaren Turbolader. Sollte dessen E-Motor die enormen Hitzeprobleme überwinden, könnte das ein Knüller werden, sofern noch irgendwer an der Weiterentwicklung des Dieselmotors interessiert ist. Dabei ist es vom Prinzip her egal, ob der Motor mit 48 Volt oder einer höheren Spannung betrieben wird. Aber sollte nicht nur ein Dieselmotor gerade nicht aus seinem Turboloch herausfinden, weil zu wenig Abgasdruck vorhanden ist, dann könnte ein die Verbindungswelle rasch antreibender E-Motor hier gewaltig für Druck im wahrsten Sinne des Wortes sorgen.


Das Problem dieses E-Motors ist die enorme Hitzeentwicklung.

kfz-tech.de/PDM57

Borg Warner erhofft sich noch mehr, nämlich die Minderung der häufig sechsstelligen Drehzahl nicht dem Lader selbst zu überlassen, sondern durch Rekuperation zur Stromerzeugung zu nutzen. Die Turbine kann jetzt wieder größer werden, was einen größeren Leistungsbereich bei ein und demselben Grundmotor ergibt. Die Möglichkeiten der Durchlüftung des Motors unabhängig vom Abgasdruck und eine verbesserte Zusammenarbeit mit der Abgasrückführung sind noch offen.







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