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Franz-Josef Popp 1



Es gibt Kriegsgewinnler, wie offensichtlich Castiglioni, und Geschädigte, die z.B. als Soldaten ihre Gesundheit oder gar ihr Leben lassen, von den psychischen Folgen gar nicht erst zu reden. Zu keiner von beiden Gruppen aber zählt der Marineoffizier Franz Josef Popp. Er ist von 1916 bis zum Zweiten Weltkrieg viel näher an den Geschehnissen der Firma als Castigioni, meist aber, zumindest bis zur Mitte der Geschichte von Teil 1, mit diesem vertrauensvoll zusammenarbeitend. Wobei die größere Arbeitsleistung mit überwältigender Mehrheit Popp zufällt.

Was in seiner Hauptfunktion später als Generaldirektor von BMW nicht so richtig auffällt ist, dass auch er eine Ingenieurausbildung absolviert hat. Die bezog sich allerdings mehr auf den Bereich Eisenbahn, was übrigens für den Werdegang von BMW nach dem Höhenflug-Weltrekord noch von Bedeutung sein wird. Doch der Reihe nach. Franz-Josef Popp kam im Januar 1886 als ältester von drei Söhnen in einer begüterten Kaufmannsfamilie in Wien zur Welt. Der eine Bruder wurde Baumeister, Architekt und Lehrer und der andere schlug eine militärische Laufbahn ein.

Popp selbst hat Maschinenbau und Elektrotechnik an der Technischen Hochschule in Brünn studiert. Seine erste Stelle tritt er 1909 bei der AEG-Union in Wien an, wo ihm relativ rasch die Leitung der elektrischen Bahnen übertragen wurde. Er soll schon 1912 als erster eine Lokomotive auf der neuen Mittenwaldbahn von Innsbruck nach Garmisch gesteuert haben. Es muss aber neben dem Interesse an der schon etwas länger existierenden Bahntechnik auch noch eins für die neu aufblühende Entwicklung der Flugzeuge und der Automobile gegeben haben. Denn zur AEG gehört damals die Nationale Automobil-Gesellschaft, mit der auch Franz-Josef Popp zu tun hat.

1913 kommt es zur Eheschließung mit Christine Riedinger, Tochter eines Regierungsrats. Im Juni 1914 wird die erste Tochter geboren. Schon während des Studiums hat er einen einjährigen freiwilligen Militärdienst bei der Marine in Kroatien abgeleistet. Seine Kontakte sind so gut, dass er ein halbes Jahr nach Beginn des Ersten Weltkriegs von dort angefordert wird. Schon hier wird Popp zum ersten Mal in die Beurteilung von Flugmotoren einbezogen. Unter deren Qualität leiden die Seeflieger, weil sie nicht offiziell am z.B. von Austro-Daimler gelieferten Kontingent teilhaben, sondern sich mit den von den Rapp Motorenwerken gelieferten begnügen müssen. Offensichtlich haben sie sich irgendwie mit den ungünstigen Eigenschaften der Motoren arrangieren gelernt, denn von ihnen kommt als einzigen auch einmal Lob für die Rapp-Technik.

Wohl kaum zu ahnen von Franz-Josef Popp, dass er sich später einmal noch sehr viel intensiver mit diesen Maschinen würde auseinandersetzen müssen. Aber der Reihe nach. Ein gutes halbes Jahr bleibt Popp in Kroatien. In Wien wechselt er zu Austro-Daimler, die inzwischen auch völlig auf die Entwicklung und den Bau kriegswichtiger Produkte umgestellt haben. Hier ist Ferdinand Porsche Chef-Konstrukteur, der sich inzwischen auch mit Flugmotoren beschäftigt. Auf Betreiben von Popp kommt es zu einem Auftrag für die Konstruktion eines Zwölfzylinders für einmotorige Flugzeuge.

Schon im Jahr danach kann er getestet werden. Da Popp ihn wohl angeregt hat, testet er ihn wohl auch in sehr langen Flügen mit einem befreundeten Piloten. Wie viele von Porsche entwickelte Produkte kann er auf Anhieb überzeugen, allein die Fertigungskapazitäten fehlen völlig, zumal die 'normale' Fliegerei mit ihren Jagdflugzeugen und Aufklärern dafür keine Verwendung hat. Porsche ist eigenartigerweise der Mann, der an der Entstehung von BMW Anteil hat. Denn Popp will den neuen Motor im Lizenzbau an Rapp vergeben, was vernünftigeren Output dieser Firma versprechen würde und Ferdinand Porsche muss dafür seine Zustimmung geben.

Hätte er die verweigert, die Rapp-Motorenwerke wären unweigerlich in Konkurs gegangen, bevor noch ein Denken daran war, dass sie sich zu BMW hätten weiterentwickeln können. Vermutlich hat Porsche Bedingungen gestellt und vielleicht war eine davon, dass Popp persönlich die Fertigung überwachen sollte. Und spätestens dann kommt auch Camillo Castiglioni ins Spiel, der als Chef der Motor-Luftfahrt-Gesellschaft für die Lieferung von 224 Flugmotoren über 1,8 Mio. Mark kassiert. Letztlich wird der Auftrag nie erfüllt werden, aber die Provision von 20 Prozent ist im Voraus fällig.

Zur Ehrenrettung muss gesagt werden, dass Castiglioni ab jetzt Anteil nimmt an der Entwicklung der Rapp-Motorenwerke, was die beiden zur zeitweisen Zusammenarbeit und Übereinstimmung zwingt. Auch ohne die hätte es die Gründung von BMW nie gegeben. Als Konsequenz wird vom Februar 1917 an auch Franz-Josef Popp den ständigen Wohnsitz für sich und seine noch junge Familie in München nehmen. Als Referenz bringt er nicht nur seine Ausbildung mit, sondern auch die Inspektionsreisen als Verantwortlicher für den Flugmotorenbau z.B. zur NAG nach Berlin oder, für den Fortgang der Geschichte noch wichtiger, zu Daimler nach Stuttgart.

Vorher steht im November 1916 eine einwöchige Inspektion an, die Popp für eine wichtige Entscheidung nutzt. Rapp hat nämlich ein Schreiben von Max Friz, einem ehemaligen Kollegen von Daimler erhalten, wo er kundtut, von Schwierigkeiten der Rapp-Motorenwerke gehört zu haben und einen Wechsel nach München anbietet. Popp verhindert die von Rapp geplante Ablehnung und sichert sich damit ein gewaltiges Stück Zukunft. Ansonsten lassen ihm Rapp und der geschäftsführende Gesellschafter der Firma Max Wiedemann relativ viel Freiheit. Popp wird Leiter des technischen Betriebs.

Allein schon wegen der bisherigen Taten müsste man ihn heute in den Annalen als den eigentlichen Gründer von BMW führen. Aber leichter wird er es auch in Zukunft nicht haben. Die Tatsachen sind leider so, dass die bisher in Lizenz gebauten Motoren den Bedenken der Kritiker Recht zu geben scheinen, was natürlich die Lizenzgeber auf den Plan ruft. Wie wichtig auch Max Friz für die Firma wird, zeigt sich, dass innerhalb eines guten Jahres sein Höhenflugmotor auf die Welt kommt, um Haaresbreite noch rechtzeitig zur Ankunft einer Delegation von ca. 30 Offizieren und Ingenieuren im Winter 1917. Eigentlich heißt das ja, dass die von der Militärverwaltung eingesetzte Crew nur schaut, aber in diesem Fall soll in der Geschichte von BMW nicht zum letzten Mal das Damokles-Schwert auf die Firma herniedergehen mit der Konsequenz, zur Montage von Daimler-Motoren herabgestuft zu werden. Alternativ wären auch noch Benz-Motoren zu vergeben.

Kein Widerspruch scheint möglich und doch gelingt es Popp über eine wohl vorher mit Friz abgesprochene Unterhaltung, die Neugier der Herren für den neuen Flugmotor zu wecken. Unglaublich aber wahr, der auf dem Prüfstand laufende begeistert so sehr, dass dies die neue Bestimmung von BMW sein wird. Von Reparaturen oder Teile-Produktion schon vorhandener Motoren ist nicht mehr die Rede. Stattdessen werden 600 der neuen Motoren des Typs BMW IIIa bestellt, Vorschuss inbegriffen.

Der Höhenflug geht sogar noch weiter, als ab Sommer 1917, also mitten im Krieg, eine neue Fabrik an der Moosacher Straße errichtet wird. Unklar ist, ob auch die Rapp-Motorenwerke schon auf gelegentliche Hilfen Castiglionis angewiesen waren, aber spätestens gegen Ende 1917 ist sein Engagement gefordert. Hier muss sich die Achse Popp-Castiglioni beweisen, z.B. bei der Frage, wie man denn mit dem schon gezahlten Geld für die nie wirklich gelieferten 224 Zwölfzylinder umgehen soll. Der eine will ein Unternehmen weiterführen, der andere hat ein gewisses Interesse daran, aber das Geldverdienen wohl hauptsächlich im Blick.

Auch um den unliebsamen und wohl auch verschwenderisch lebenden Direktor Wiedemann loszuwerden, wird nach der BMW GmbH, die schon den Namen 'Rapp-Motorenwerke' tilgte, im September 1918 eine Aktiengesellschaft gegründet. Beteiligt sind mit je 4 Mio. der Industrielle Fritz Neumeyer, Camillo Castiglioni, inzwischen Präsident der Depositenbank in Wien und ein Bankenkonsortium. Wiedemann ist zwar noch Mitglied im Aufsichtsrat, hat aber kein Stimmrecht mehr und wird abgefunden. Franz-Josef Popp ist endlich verantwortlicher Direktor des Unternehmens.

Für den weiteren Verlauf der Geschichte hängt alles am Erfolg dieses Motors, der letztlich auch den Bau der neuen, stark vergrößerten Fabrik rechtfertigt. Und genau diese ist es, die Popp nach dem Ende des Krieges große Kopfschmerzen bereiten wird. Anfang 1919 muss (s)eine Fabrik mit 3.000 Arbeitern und 400 Angestellten schließen. Bis zuletzt sind ca. 140 Flugmotoren pro Monat geliefert worden. Ein stärkerer Sechszylinder sollte gerade in Serie gehen und ein V12 möglichst bald auf den Prüfstand. Eine kurze Episode des Lizenzbaus von Motorpflügen bringt auch keine spürbare Entlastung.

Es folgt natürlich die noch zu erzählende Geschichte von der Entstehung des M2B15-Motors. Aber Victoria kann nicht so viele Motorräder verkaufen, dass die Fertigung von Motoren dafür auch nur annähernd dieses riesige Werk beschäftigt. Und jetzt kommt sie doch noch in diesem Kapitel vor, die Geschichte mit den Eisenbahn-Bremsen. Vielleicht wissen Sie ja schon, dass früher ein Zug derart gebremst wurde, dass Leute in sogenannten Bremserhäuschen, verteilt über den ganzen Zug, auf Befehl von der Lok mechanische Bremsen betätigt haben. Ein Zugunglück von 1866 soll einen gewissen George Westinghouse dazu gebracht haben, eine Druckluftbremse für Züge zu entwickeln.

Übrigens soll Henry Ford in seinen frühen Jahren als Mechaniker für Westinghouse gearbeitet haben, allerdings an dampfgetriebenen Antriebsmaschinen für Farmer. Und während in USA ab 1893 die Druckluftbremse für alle Züge vorgeschrieben wird, wird diese Vorschrift in Deutschland erst im 20. Jahrhundert wirksam. Die Knorr-Bremse AG hat die Lizenz für den Bau solcher Anlagen, Popp die Garantie vom bayerischen Verkehrsministerium, dass man diese Bremsen aus der ehemaligen BMW-Fabrik beziehen werde. Man hat im Krieg die Herabstufung als Montagefirma vermeiden können, in den schweren Nachkriegszeiten aber nicht mehr.







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