Kraftstoff-Preis
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Gewinn 2011: BP 25 Mrd., Shell > 30 Mrd., Exxon 41 Mrd. Dollar |
Wenn in Deutschland eine Debatte losgetreten wird, ist die oft schrecklich emotional. Ich habe grundsätzliche Debatten in anderen Ländern ruhiger erlebt. Dabei ist dann in der Regel mehr herausgekommen. Hierzulande
lassen sich bei dieser Gelegenheit Politiker gern zu starken Worten hinreißen, wobei man durchaus vermuten darf, dass solchen oft schwache Taten folgen.
Auch wenn für die meisten Leute eine gewisse Preistreiberei der Konzerne klar ist, wir werden, auch wenn unser System 'soziale Marktwirtschaft' heißt, kaum etwas dagegen ausrichten können. Man darf nur vermuten,
dass die Mineralölkonzerne es nicht noch mehr übertreiben werden. Immerhin lässt sich zu viel Gewinn für Aktiengesellschaften nicht so leicht unter der Decke halten.
Außerdem schaden sich die Konzerne zurzeit wirklich selbst. Denn die Debatte ist losgetreten und die Leute werden kritischer. Das Image der Mineralkonzerne ist hinter dem der Banken zurückgefallen und leidet. Eine
solche Massenkritik schadet viel mehr als 1000 Werbekampagnen nützen. Und wenn den Leuten noch der Fahrspaß verdorben wird, hat eine ganze Branche das Nachsehen.
Politiker wollen Geld in Form von Subventionen für Berufspendler verteilen. Das würde aber den im Moment erhöhten Zugriff der Mineralölkonzerne verdecken und sie zu eventuell noch weiter gehenden Taten ermutigen.
Außerdem tut man den jungen Menschen damit angesichts unseres immer größer werdenden Schuldenberges keinen Gefallen.
Übrigens hätten Pendler, die keine Steuern zahlen, überhaupt nichts davon. Ein Facharbeiter mit durchschnittlicher Fahrstrecke käme auf gut 100 Euro Ersparnis im Jahr, aber nur, wenn er insgesamt über 1200 Euro
Werbungskosten nachweisen kann. Gewinner wären die Bezieher größerer Einkommen, weil deren Steuersatz durch solche Ausgaben schrumpft.
Auch das Argument, die Erhöhung der Pendlerpauschale sei für den Staat kostenneutral, weil er ja mehr an dem derzeitigen Spritpreis verdiene, würde nur gelten, wenn der Spritkonsum ungebremst weiter ginge. Das ist
aber offensichtlich nicht der Fall. Die Schmerzgrenze scheint erreicht. zumindest für einen Teil der Autofahrer. Immerhin ist der Verbrauch von Diesel und besonders Benzin in Deutschland seit Jahren rückläufig.
Außerdem ist der Steueranteil am Kraftstoff außer der Mehrwertsteuer fix, also nicht prozentual.
Bevor ich etwas näher auf das Thema eingehe, möchte ich angesichts der wilden Preissprünge mit einem Tipp beginnen. Der ist nicht für Dienst- oder Firmenwagen gedacht und leider auch nicht für Pendler mit sehr
hohen Kilometerleistungen tauglich, sondern mehr für den Normalbenutzer, also mit weniger als 60 Kilometer pro Fahrt und entsprechend wenig am Tag.
Sie brauchen sich eigentlich nur den Preis pro Liter zu merken, den Sie beim letzten Tanken bezahlt haben. Und während der Fahrt mal eben auf die eine oder andere Preistafel zu schauen, ist doch wirklich nicht zu viel
verlangt. Zeigt diese einen niedrigeren Preis, nichts wie ran und volltanken. Finden Sie bis zur Erschöpfung Ihres Tankvorrats keine günstigere Tankstelle, tanken Sie höchstens die Hälfte, wenn möglich noch weniger.
Nehmen Sie kleine Umwege nur in Kauf, wenn Sie sicher sind, dort günstiger zu tanken. Die lohnen sich nämlich in der Regel nicht. Akzeptieren Sie bei leerem Tank die höhere Rechnung. Immerhin addieren sich
10 Cent pro 10 Liter mehr "nur" zu einem einzigen Euro. Und danach haben Sie (hoffentlich) weit mehr als hundert Kilometer die Chance, günstiger zu tanken. Und alle Preissprünge können Ihnen so wenig wie möglich
anhaben. Wirklich verhindern können wir die eh' nicht, oder?
Marktanteile |
Aral (BP) | 23,5 % |
Shell | 22 % |
Jet | 10 % |
Esso | 7,5 % |
Total | 7,5 % |
Das System der großen Zwei in Deutschland (Aral und Shell) und der nächsten Drei (Jet, Esso und Total) ist so ausgeklügelt und von der Politik über viele Jahre zugelassen, dass selbst das Kartellamt die Waffen
strecken muss. Man spricht offenbar wirklich keine Preise ab, man beobachtet sich gegenseitig nur und reagiert darauf hoch effizient.
Früher gab es noch Faustregeln, wann der Sprit billiger war, z.B. Montags morgens. Alles vorbei. Auch die Internet-Plattformen kommen trotz vieler freiwilliger Helfer mit der Preisentwicklung kaum mit. Von wegen mit der
Leiter die Preistafeln austauschen. Die Tankstellen sind vernetzt und die Preise im Prinzip vom Pächter unabhängig.
Nicht ganz. Er darf bei der Zentrale um eine Preissenkung bitten, was übrigens Tausende Male pro Tag passiert. Deshalb gibt es auch keinen Einheitspreis pro Mineralölkonzern, sondern fein auf die Regionen
abgestimmte. Und gehört der Preis in Deutschland, freilich ohne Berücksichtigung der Steuern, angeblich zu den geringsten in Europa.
Jetzt gibt es die Schlaumeier, die den Markt regulieren wollen. Nur noch ein Mal am Tag darf erhöht und beliebig oft gesenkt werden. Na und? Das System hat schon in Österreich nicht funktioniert. Bezeichnend ist, dass
selbst die freien Tankstellen sich gegen preisregulierende Maßnahmen aussprechen ...
Wir müssen dringend weg vom Öl, jedenfalls dem nicht regenerativ erzeugten. Als Beispiel mögen die zurzeit in Kanada geförderten Ölsande dienen. Die Provinz Alberta verdient im Moment Milliarden daran, chemisch
keineswegs unbedenkliche Stoffe mit Wasserdampf in den Boden zu pumpen, um an Öl zu gelangen, was insgesamt eine 23 Mal mehr CO2-Emission verursacht.
Und um das Dilemma zu komplettieren, wird diese absolut unökologische Zusatzförderung auch noch gelobt, weil sie die Ölpreise einigermaßen stabil halte. Ohne sie gäbe es weniger Öl auf dem Weltmarkt und die
Preise würden noch mehr steigen. Ist das nicht eine verrückte Welt? Und ausgerechnet eines der schönsten Länder der Welt gibt ein solches Beispiel.
Für einen Berufspendler mit langen Wegen, familiär und haustechnisch so gebunden, dass er nicht umziehen kann, ist es wahrscheinlich ärgerlich, wenn wir ihm sagen müssen, dass hohe Spritpreise gut für die
Weiterentwicklung der individuellen Mobilität sind. Übrigens leiden natürlich auch öffentliche Verkehrsmittel unter hohen Energiepreisen.
Wie sollen sich denn sonst die Alternativen entwickeln. Reine Elektroautos mit gut 100 km Reichweite (im Sommer) kosten zurzeit ca. 35.000 Euro, wenn die Batterien mit gekauft werden. Ansonsten fallen Leasingraten
oder monatliche Mieten an. Bleibt der wachsende Hybrid-Markt, in der Regel mit mind. 5000 Euro Aufpreis. Kauft diese Fahrzeuge niemand, fehlen die Anreize, sie weiter zu entwickeln.
Es ist inzwischen völlig klar, das Erdöl wird uns nicht ausgehen, weil die letzten Tropfen so teuer werden, dass sie sich einerseits kaum jemand leistet und anderseits jedwede Exploration lohnt, übrigens mit
zunehmendem Risiko für Mensch und Umwelt. Es gibt schon heftigen Streit um die Vorkommen in der Arktis.
Und der Verbrauch. Da werden immer die Milliarden von Inder und Chinesen genannt. Dabei vergisst man die zurzeit recht aufstrebenden Wirtschaftsmächte wie z.B. Brasilien mit immerhin auch 200 Mio. Einwohnern.
Übrigens schadet zu großer Ölhunger nicht nur den Nehmer- sondern auch den Geberländern mit zu viel und ungleich verteiltem Reichtum. Nur wenige schaffen hiermit sinnvolle Investitionen in die Zukunft.
Steigende Spritpreise gelten nicht gerade als Auslöser für einen Kaufboykott für Neufahrzeuge. Das hat es in früheren Preiskrisen gegeben. Erst bei zu viel Ärgernis für die Autofahrer droht dem Fahrspaß das Aus.
Eventuell sind die Straßen ja freier, wenn weniger gefahren wird. Auch bleibt bei einem Neuwagenkauf die Hoffnung auf Spritersparnis, angeblich alle sieben Jahre ein Liter/100km.
Durchschnittliche Arbeitszeit pro Liter Kraftstoff: 10 Min. (1960) und 5 Min. (2012) |
Trotzdem werden immer noch ca. 15 Prozent Geländewagen und durchschnittlich 100 kW (134 PS) geordert und wir haben deutlich mehr Klicks auf einem Skoda Yeti als auf dem Fabia. Aber Vorsicht, Geländewagen
haben seltener Benzinmotoren und werden (hoffentlich) langsamer gefahren. Der Mehrverbrauch hat sich deutlich gebessert und kann sich gegen manch hochkarätige, meist schnell gefahrene Limousine durchaus
sehen lassen. 04/12
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