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Lehrererfahrung





Da findet man im Lehrerzimmer eines Tages einen Zettel an die Wand gepinnt, auf dem einer hemmungslos über 'diese Jugend' herzieht. Sie sind faul, ihre Fähigkeiten äußerst begrenzt und trotzdem sehr von sich überzeugt. In der ersten Emotion neigt man zur Zustimmung. Hier schreibt jemand aus der Praxis sich seinen Kummer vom Leib. Bis man an der Unterschrift merkt, dass dieses Zitat über 2000 Jahre alt ist.

Offensichtlich war es immer schon so, dass die Älteren über die Jüngeren geschimpft haben und nicht glaubten, diese würden eines Tages ihre bis dahin wohl geordnete Welt übernehmen können. Letztlich hat sich diese Skepsis wieder und wieder als unberechtigt erwiesen, entweder, weil die Jugend an ihren Aufgaben gewachsen ist, oder, weil die Älteren diese schlicht unterschätzt bzw. ihre eigenen Jugendsünden verdrängt haben.

Trotzdem könnte es interessant sein, nach fast 40 Jahren Dienst als Berufsschullehrer einmal die Jugend von früher mit der heutigen zu vergleichen. Dabei sind die Unterschiede auf dem platten Land eindeutig größer als in den Städten. Man könnte auch sagen, beide haben sich einander angenähert.

Wenn ich mir überlege, wie mundfaul zum größten Teil die waren, die sich für den Beruf des Kfz-Mechanikers entschieden hatten. Schwer zu bewegen, irgend etwas von sich zu geben und das bei bis zu 8 Stunden Unterricht am Stück in der gleichen Klasse. Viel Stillarbeit war demnach angesagt mit mehr Mathematik (Fachrechnen) und viel mehr Fachzeichnen als heute. Glücklich, wenn dabei die Hände einigermaßen sauber waren.

Hilfsmittel für den Lehrer: Ja, da war diese Spirit-Carbon-Maschine mit Handkurbel und den nach Spiritus riechenden Arbeitsblättern. Mit zwei oder mehr Matrizen und entsprechend vielen Durchgängen war sogar Farbe möglich. Selbstverständlich erwarb man den Vorführerschein für 16-mm-Filmgeräte. Das Abspielen ging nicht immer unfallfrei ab. Allerdings konnte man sich nach einem Filmriss meist selbst weiterhelfen.

Wohl gab es mehr Ruhe, etwas vorzulesen oder vorlesen zu lassen. Irgendwie hatte man mehr Zeit, es kommt mir nachträglich weniger hektisch vor. Meist nahm man die gesamte Anzahl von Auszubildenden, die die Probezeit überstanden hatten, auch mit in die Gesellenprüfung, vielleicht dezimiert um die wenigen, die in der Zeit einen schweren Unfall, z.B. auch mit dem Motorrad erlitten hatten, weil sie den Beruf nicht mehr ausüben konnten. Heute kommt man häufig nur mit der halben Mannschaft an.

Es gab weniger Konflikte als heute, aber meiner Erinnerung nach wurden diese härter ausgetragen. Da konnte es sogar im Unterricht zu Handgreiflichkeiten kommen. Wer halt weniger Worte hat, schreitet rascher zu Taten. Ich vermisse etwas die Verlässlichkeit von damals. Was gesagt war, wurde eher als heute auch eingehalten. Die Klasse hielt mehr zusammen als einzelne mit dem Lehrer. Das einer den anderen 'anschwärzt', hat sich erst im Laufe der Zeit in das Schulleben eingeschlichen. Früher hätte es dafür 'Klassenkeile' gegeben.

Gut, man sagt den heutigen Auszubildenden nach, sie hätten nicht so gute Grundlagen. Das mag für die Mathematik und besonders auch für das Kopfrechnen stimmen. Aber 'Ventiele' oder Maschie ne' wurde auch früher schon falsch geschrieben. Neu ist der Stolz auf falsche Rechtschreibung: 'Wer Fehler findet, darf sie behalten.' Und dass die Schrift schlechter lesbar ist. Bisweilen braucht man schon einen Graphologen, um den Namen zu entziffern, ganz zu schweigen von denjenigen, die ihre Klassenarbeit mit 'Sascha S.' unterschreiben.

Aber auch meine Handschrift hat gelitten. Man tippt halt nur noch. Und eine SMS übt keine Handschrift ein. Womit wir beim Thema wären. Neben der Eloquenz (Beredsamkeit) hat sich die Beherrschung des Computers entscheidend verbessert. Ich weiß noch, wie schwer es war, die einzelnen, etwas schwerfälligen Kfz'ler an die Tastatur zu bringen. Viele konnten sich überhaupt nicht vorstellen, was dieser Beruf jemals mit der Computerei zu tun haben würde.

Die nach meiner Einschätzung wichtigste Gabe dieser Jugend von heute ist aber die Vernetzung. Es gibt kaum ein Problem, dass man nicht irgendwie gemeinsam lösen kann, und wenn es nur eine simple Aufgabe im Prozentrechnen ist. Klar kommt dann auch schon einmal ein falsches Ergebnis heraus, weil Mathe nach dem Prinzip des Mehrheitswahlrechts stattfindet, aber insgesamt scheint mir das eine sinnvollere Vorgehensweise für die Bewältigung der Zukunft zu sein.

Ich bin nicht in der Lage, mich den ganzen Tag von einem Handy begleiten zu lassen. Aber ich bin auch - besonders als Lehrer - zum Einzelkämpfer erzogen worden. Das gibt mehr Durchhaltevermögen, verstellt aber manchmal auch den Blick auf einfachere Lösungen. Und wenn wir schon beim Vergleich sind. Ich hatte nach dem Studium relativ gute Aussichten, einen Job zu finden, musste nicht ellenlange Stellenangebote durchsuchen und an bis zu 4 Auswahlverfahren teilnehmen. Wer will es heutigen jungen Leuten verübeln, dass sie jeden Moment zur Erholung nutzen? Wer weiß, was noch kommt?

Beunruhigend an dieser schnelllebigen Zeit finde ich allerdings gewisse Auswüchse. Auch damals gab es schon Alkohol und Drogen, aber sie wurden vielleicht nicht so extensiv 'genossen' wie heute. Außerdem kann man den Gehalt z.B. von Cannabis nicht mit dem heutigen vergleichen. Komasaufen, regelmäßige Schlägereien mit türkisch- oder russischstämmigen Deutschen und die Verherrlichung der Nazizeit machen mir schon Angst ... 09/09








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