Walzen (variable Blechdicke)
An der Karosserie werden nur wenige Bleche von immer gleicher Dicke gebraucht. An bestimmten Stellen sind Verstärkungen nötig, andere sollen z.B. Aufprallenergie aufnehmen. Wichtig ist hierbei, dass sich die
Blechdicken kontinuierlich ändern. Solange man mit Blechen unterschiedlicher Dicke oder mit Knotenblechen arbeitet, ist diese Bedingung nicht zu erfüllen. Mit neuen Walztechniken gibt es da eine Verbesserung.
Die Vorteile sind weitere Gewichtsersparnisse bei gesteigerter Stabilität. Sogar Bleche mit kontinuierlich veränderlicher Dicke haben schon Eingang in die Serienfertigung gefunden.
Das Walzen selbst ist ein altbekannter Vorgang. Durch Strangguss gewonnene Stahl- oder Aluminiumblöcke werden auf ca. 1250 °C gebracht und als sogenannte Brammen zunächst reversierend (hin- und
hergehend) gewalzt. Sie durchlaufen dann eine (z.B. 500 m lange) Walzstrasse (mit z.B. 7 Walzgerüsten) und werden immer dünner, mit Wasser als Schutz gegen Zunder besprüht und zum Schluss zu einem
tonnenschweren Coil (Haspel) aufgewickelt. Stahl für Karosserieblech erhält dann noch bei ca. 800°C ein Zinkbad. Dieser Vorgang heißt 'Feuerverzinken' und gibt einen sehr guten Korrosionsschutz.
Bis zu 2 Meter breit kommen die aufgerollten Bleche im Presswerk eines Fahrzeugherstellers an. Hier muss beim Ausstanzen, Tiefziehen und Biegen die Walzrichtung beachtet werden. Es gibt (2007) ca. 200
verschiedene Stahlsorten. Intensive Forschung vergrößert diese Zahl noch. Durch chemische Veränderung, z.B. bei der Zugabe von Legierungsstoffen, ist es gelungen, die Festigkeit von Stahl bei gleicher Dicke
bedeutend zu erhöhen, ohne z.B. die Walz- und Schweißbarkeit wesentlich zu beeinträchtigen. Man spricht von 'hochfesten' Stählen.
Während also das Blech oben die Walzenstrasse in langsamerem Tempo durchlief, wurde der Abstand der Walzen verändert. Dabei müssen natürlich Materialausbreitung und Lage des später auszustanzenden
Teils exakt berücksichtigt werden. Auch ist das Verfahren (2005) nur bis 40 cm Breite und in einer Richtung möglich. Insgesamt führen alle diese Maßnahmen zu einer wesentlichen Verringerung des
Karosseriegewichts bei gleichzeitiger, deutlicher Stabilitätszunahme (40% und mehr).
'Hochfeste Stähle' gibt inzwischen im Karosseriebereich schon länger. Aber wie hochfest sie sind, das scheint sich zurzeit wieder einmal zu ändern. Neben der allgemein üblichen Kaltverformung gibt es inzwischen
auch die Warmverformung von Karosserieblechen. Warm heißt dann etwa Schmiedetemperatur, was natürlich die hohen Drücke bei der Kaltverformung spart. Die ist inzwischen bei bestimmten Stählen kaum noch
möglich, weil diese eben durch bestimmte Legierungsbestandteile und Raffinessen beim Abkühlvorgang fast zu hochfest sind.
Ja, Stahlherstellung steht neuerdings im Wettbewerb mit Aluminium und CfK und wehrt sich heftigst. Ganz so schlecht sind die Aussichten nicht, wenn man das gesamten Energieaufkommen für die Herstellung und
den Betrieb eines Automobils betrachtet. Da muss schon fleißig Alu recycelt werden, sonst gewinnt der Stahl die Oberhand. Da braucht man nicht unbedingt verschiedene Werkstoffdicke, um ein Teil an bestimmten
Stellen für höhere Belastung auszulegen. Das geht auch durch den Material-Mix.
Immer wieder kommt auch in diesem Zusammenhang die Sandwich-Technologie zur Sprache. Hier werden z.B. dünnste Flächen aus Stahlblech mit etwas dickeren aus Kunststoff dazwischen kombiniert, wobei das
ganze Paket immer noch deutlich dünner als 1 Millimeter wird. Man sieht von außen fast nichts von den Schichten, aber Gewicht wird eingespart. Die Stahlbranche wehrt sich. Vor nicht allzu langer Zeit war bei den
Herstellern von Zahnriemen die Existenz bedroht. Die scheinen zurzeit durch enorme Innovation zu obsiegen. Mal sehen, ob das den Stahlherstellern auch gelingt. 03/12
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