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Motorentechnik gestern und heute



Schon kurz nach seiner Geburt muss sich der Verbrennungsmotor erst einmal gegen Dampfmaschine und Elektroantrieb durchsetzen. Die erste Welle von Leistungsexplosion ist nach 1900 die rapide Vergrößerung des Hubraums. Man ist zwar noch nicht in der Lage, vier Zylinder in einem Stück zu gießen, aber die größten Motoren erreichen schon über 20 Liter Gesamthubraum. Über 200 km/h werden damit im Maximum erreicht, z.B. im Blitzen-Benz von 1909. Auch bei Fiat gibt es solche Beispiele. Die Drehzahl bleibt bescheiden deutlich unter 2.000/min.

Sollten Sie also glauben, für hohe Geschwindigkeiten seien auch hohe Drehzahlen erforderlich, so müssen Sie hier zum ersten Mal differenzieren. Die zweite große Leistungsoffensive kann man auf die Zwanziger Jahre datieren. Da leitet Paul Daimler (Sohn des berühmten Gottlieb) als Chefkonstrukteur bei den Daimler-Motorenwerken die Ära der Kompressor-Motoren ein. Sein Nachfolger Ferdinand Porsche bringt sie zu Serien- und Rennreife. Zusammen mit den reichlich fließenden Geldern der Nazis kommt es in den Dreißigern zu einer enormen Dominanz deutscher Rennwagen (einschl. Auto Union). Die Geschwindigkeits- Rekordmarke übersteigt die 400-km/h-Grenze deutlich.

Der eigentliche Hubraum von Spitzenfahrzeugen ist auf ca. 6 Liter zurückgefallen, wobei sich die Drehzahl aber inzwischen deutlich auf gut 5000/min erhöht hat. Sie werden es schon vorher gewusst haben, hohe Leistung und vor allem ein hohes Drehmoment kann auch durch Aufladung erreicht werden. Dabei ist es dem Hubkolbenmotor im Prinzip egal, woher der Druck kommt. Damals sind es kreischende Kompressoren, heute Turbos oder deren Kombinationen mit Ladern.

Sie können natürlich eine hohe Leistung auch durch entsprechende Drehzahlen erreichen, allerdings entwickelt sich dann das Drehmoment ebenfalls erst bei hohen Drehzahlen, als Gebrauchsmotor nicht so ideal zu nutzen. Heute haben solche Motoren so viel Leistung, dass ihr im Drehzahlkeller geschrumpftes Drehmoment trotzdem weit über dem Durchschnitt der Fahrzeuge liegt. Früher war es beinahe unmöglich, in einem hochgezüchteten Sportwagen im Stadtverkehr hinter der Straßenbahn herzuzockeln. Man blieb schlicht mit verrußten oder verölten Kerzen liegen.

Schiffsdiesel als Langhuber: Bohrung 1 m, Hub 3 m.

Spätestens jetzt wird es Zeit, den Hubraum aufzudröseln. Er besteht nämlich aus Bohrung und Hub, wobei letzterer einer sehr hohen Drehzahl eher feindlich gegenübersteht. Lange Zeit galten 16 m/s mittlere Kolbengeschwindigkeit als eine Art Grenze zur Gefährdung der Motorlebensdauer. Im Zeichen unendlich viel besserer Technik heute wurde diese inzwischen bis auf max. 25 m/s verschoben, anfangs nur gültig für die Formel 1, inzwischen auch schon bei der Nenndrehzahl des Gallardo LP 540/4 erreicht. In der Formel 1 wurde die Spitzendrehzahl von über 19.000/min inzwischen zurückgenommen.

Nach der Mitte des vorigen Jahrhunderts hat Alfa Romeo es mit viel Erfolg geschafft, Motoren mit doppelten Nockenwellen in den Massenmarkt zu bringen, ja sie sogar in einem Transporter eingesetzt. Wenn man allerdings genauer hinschaut, sind dort die Drehzahlen trotz des fortschrittlichen Ventiltriebs gar nicht so hoch. Erst die Japaner mit der ihnen nachgesagten Tüftelwut sind in der Lage, echt hoch drehende Motoren mit einer verblüffend langen Standzeit zu verbinden. Das beginnt nicht erst beim Honda S 2000, sondern schon viel früher bei der Reihe 360 bis 800.

Damit ist dann ein weiteres 'Gesetz der Motorentechnik' widerlegt worden, dass nämlich hohe Drehzahl auf die Lebensdauer drückt. So geht es bis heute mit fast jedem Grundsatz weiter. Z.B. ist ja lange Zeit 'Hubraum durch nichts zu ersetzen, außer durch noch mehr Hubraum'. Auch dieser Satz muss überdacht werden, denn bei modernen Downsize-Triebwerken bügeln zwei hintereinander geschaltete Turbo- und Rootslader scheinbar mühelos die Schwächen des geringen Hubraum weg.

Lange Zeit galt ein größerer Hub im Verhältnis zur Bohrung als Indiz für die Durchzugsfähigkeit eines Motors, auch gerne als Merkmal für den Dieselmotor angesehen. Auch dieses Phänomen ist im Verschwinden begriffen. Und wenn Sie gerade dabei sind, die Annäherung von Bohrung und Hub moderner Dieselmotoren zu studieren, werfen Sie doch ein Auge auf die (geometrische) Verdichtung, die wird dort durch die Aufladung immer geringer. Früher war der Diesel immer höher verdichtet, bald treffen sich beide bei 14 : 1.

Bleibt als einziges Alleinstellungsmerkmal für den Benziner die elektrische Zündung. Schaut man aber in die Entwicklung, dann gibt es dort schon Benzinmotoren, bei denen in gewissen Betriebsbereichen auf diese verzichtet werden kann. Der Benziner wird quasi zum Selbstzünder. Wieder eine Regel, die mit modernem Motormanagement außer Kraft gesetzt werden kann.

So brauchten hoch drehende Saugmotoren eher mehr Ventile und aufgeladene eher weniger. Jahrelang hatte ein sportlicher Motor geringe Einzelhubräume, dafür lieber mehr Zylinder. In der Formel 1 von 1950 gibt es die berühmten Zwölfzylinder mit insgesamt 1,5 Liter Hubraum. Auch zu dieser Entwicklung gibt es Alternativen. So hat ausgerechnet die Fa. Porsche, zweifellos aus der Not geboren, in den 968 einen Motor eingebaut, der 3 Liter Hubraum auf nur vier Zylinder verteilt.

Ich selbst habe lange Zeit geglaubt (und glaube es auch heute noch), ein Dieselmotor sei maximal ungeeignet für ein Motorrad, bis ich erfuhr, dass es so etwas (in Indien) gibt (oder zumindest gegeben hat). Irgendwo auf der Welt scheinen immer (selbsternannte) Entwickler zu existieren, die genau das zur Serienreife bringen wollen, was es noch nicht gibt, egal ob sinnvoll oder nicht.

Es gibt aber auch jede Menge äußere Zwänge. Schon die Abgasregeln so ab 1974 haben unsere Motoren verändert, wenn auch mehr im periphären Bereich. Die zurzeit existierenden CO2 Restriktionen greifen tief in das Motorinnere. Wer hätte noch vor 10 Jahren gedacht, dass vier Ventile und Dieselmotoren zusammenpassen. Inzwischen ist der lange Hub nicht wegen seiner Drehzahlschwäche, sondern eher wegen seiner größeren Reibung verpönt.

Sagen Sie im Kfz-Bereich also niemals 'nie'! Wer hätte noch vor kurzem auch nur einen Cent auf die Entwicklung von Wankel- oder Zweitaktmotoren im Vierradbereich gesetzt. Neuerdings gibt es ihn bei Audi, den Wankelmotor als besonders kompakten Range Extender zur Weiterfahrt bei leerer Hochvoltbatterie. Mal sehen, wie die Verbrauchswerte aussehen.

Und der Zweitakter? Meiner Meinung nach kommt er, wenn man durch Downsizing, wie jetzt schon Fiat, bei zwei Zylinder angelangt sein wird. Der viel ruhigere Kurbeltrieb und die Direkteinspritzung drängen sich dem Entwickler förmlich auf. Nein, mit einem Trabi hat das nichts mehr gemein, höchstens den Frontantrieb.

Da wir auf einen voll alltags- und urlaubstauglichen Elektroantrieb wohl warten müssen, erhält der Verbrennungsmotor weitere Chancen. Dabei kann er als wirkliche Neuerungen Energie auch in Form von Druckluft zwischenspeichern (ETH Zürich), oder wie bei der Fa. MCE-5 (siehe Video) mit variabler Verdichtung und fast unglaublichen Leistungs-, Drehmoment- und Verbrauchswerten glänzen. Überhaupt gibt es immer weniger und kleinere Zylinder und die Aggregate um sie herum werden immer mehr und größer. 07/11


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