Massenkräfte und -momente
Der Hubkolbenmotor verbindet den Vorteil der inneren Verbrennung mit den Schwierigkeiten, die daraus resultierende hin- und hergehende (oszillerende) Bewegung in eine drehende (rotierende) wandeln zu müssen.
Wenn Sie dagegen die Eleganz eines rotierenden Kolbens im Kreiskolbenmotor sehen, dann wissen Sie, warum er einst als Alternative
entwickelt wurde. Dagegen muss der Hubkolbenmotor durch mehrere Zylinder, Gegengewichte und Ausgleichswellen seine Ruhe finden.
Die Rede ist von Massenkräften, die man an dem Pleuel oben gut auseinander halten kann. Das obere Pleuelauge, verbunden mit dem oszillierenden Kolben mit -bolzen und -ringen und das untere Pleuelauge an
dem rotierenden Hubzapfen der Kurbelwelle hängend. Im Grunde könnte man das Pleuel teilen und jeweils den beiden Massen zuordnen. Vielleicht wären ja sowohl die Fliehkräfte des ozillierenden als auch die des
rotierenden Teils des Kurbeltriebs durch Gegengewichte an der Kurbelwelle vollständig auszugleichen.
Keine wirklich gute Idee, da sie nur in den Totpunkten funktioniert. Denn z.B. bei 90° Kurbelwinkel stünde den Gegengewichten keine Fliehkraft des Kolbens entgegen. Also begnügt man sich mit etwa dem halben
Ausgleich. Das wiederum bedeutet, dass zwischen OT und UT die ozillierenden Kräfte ansteigen und wieder abflauen. Sie werden Massenkräfte zweiter Ordnung genannt und sind unten im Diagramm durch die blaue
Kurve dargestellt.
Massenkräfte bewegen also den Motor insgesamt nach oben und unten. Die erster Ordnung treten im Rhythmus der Kurbelwelle, die zweiter Ordnung doppelt so häufig auf. Beide Arten von Massenkräften lassen sich
mit Ausgleichswellen bändigen. Da allerdings beim Einzylinder beide auftreten, bräuchte der zwei Ausgleichswellen, jede mit der dem Auftreten der Kräfte entsprechenden Drehzahl. Da lohnt dann schon das
Nachdenken über mehr Zylinder.
Und was sind jetzt Massenmomente? Die gibt es nur bei Mehrzylindern. Sehen Sie sich dazu die bekannte Kurbelwelle eines Vierzylinder-Reihenmotors oben an. Dessen Massenkräfte erster Ordnung sind
ausgeglichen. Da aber alle Kröpfungen in einer Ebene liegen, ergeben sich zwischen den Totpunkten Massenkräfte zweiter Ordnung.
Die wären bei dieser ungewöhnlichen Kurbelwelle perfekt ausgeglichen. Aber während vorher z.B. vorn und hinten die Kolben zur gleichen Zeit zu den unteren bzw. oberen Totpunkten strebten, tun sie das jetzt zu
verschiedenen Zeiten. Ergebnis: Der Motor schaukelt um die Querachse. Das Drehen um eine Achse mit einer bestimmten Kraft ist ein Moment, weshalb man hier von Massenmomenten erster bzw. zweiter Ordnung
spricht, je nachdem, mit welcher Frequenz sie auftreten.
Reihen-Dreizylinder leiden u.a. auch daran. Wie man sie ausgleicht, sehen Sie unten ganz am Ende des Videos. 06/14
Motorbauart | F1 | F2 |
M1 | M2 |
Reihen-Dreizylinder | nein | nein | ja | ja |
Reihen-Vierzylinder | nein | ja | nein | nein |
Boxer-Vierzylinder | nein | nein | nein | ja |
Reihen-Fünfzylinder | nein | nein | ja | ja |
Reihen-Sechszylinder | nein | nein | nein | nein |
Motorbauart | F1 | F2 | M1 | M2 |
V-Sechszylinder | nein | nein | ja | ja |
V-Achtzylinder | nein | nein | ja | nein |
V-Zwölfzylinder | nein | nein | nein | nein |
F1/2Massenkräfte 1./2. Ordnung, M1/2Massenmomente 1./2. Ordnung
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