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ABS - ESP 2
Moderne Regelungen von Brems- und Antriebsmomenten fußen auf einem Netzwerk, das Sie oben im Bild einigermaßen widergegeben finden. Dazu gehören Aktuatoren, die den Bremsdruck individuell für jedes
Rad einstellen können. Dabei ist es unerheblich, ob der nötige Bremsdruck durch das Bremspedal aufgebracht wird oder einer zusätzlichen Einheit zur Druckerzeugung.
Woher also der Druck kommt, soll uns hier nicht weiter interessieren. Wir kommen direkt zur Antriebsschlupfregelung, die automatisch den Motor mit einbezieht. Es werden rechnerisch Drehmomente betrachtet,
deren Zu- oder Abnahme beim erzeugenden Motor und deren Verteilung auf die einzelnen Räder.
Nimmt man, wie heute üblich, zusammen mit einem gezielten Bremseneingriff auch das Drehmoment des Motors zurück, kann dieser viel weicher erfolgen. Übrigens wird Instabilität eines Fahrzeugs wie z.B. Drehen
um die Hochachse (Gieren) von den Insassen viel stärker wahrgenommen als beispielsweise ein durchdrehendes Antriebsrad. Obwohl also der Drehmomentfluss kontrolliert wird, liegt das Augenmerk auf Stabilität.
Der Fahrerwille muss sich also gewissen physikalischen Gegebenheiten beugen. Trotzdem wird natürlich bei Vollgas alles getan, das Fahrzeug so schnell wie möglich vorwärts zu bewegen. Die Regelsysteme
beobachten schon laufend die Situation, greifen aber aus Fahrspaßgründen verantwortbar später ein. So garantiert die ESP-Taste nicht immer dessen völlige Abschaltung, bleibt also Garant für ein wenig mehr
Sicherheit als vollkommen ohne ESP.
Das gilt natürlich auch, wenn das Gaspedal z.B. abrupt zurückgenommen wird. Da konnte früher nicht nur bei winterlichen Verhältnissen ein Auto ins Schleudern kommen. Heute gleich das Motormanagement so
etwas sanft aus. Und dieser Teil von ESP ist dann vielleicht wirklich nicht abschaltbar. Wozu denn auch? Allerdings würde es auch dann wirksam, wenn ein Bremsvorgang den Wagen unkontrollierbar machen würde.
Wie schon die oben gezeigten Systeme deutlich werden lassen, soll also sowohl vermehrtes Gieren als auch eine zu große Abweichung der Fahrzeugbewegung von der durch die Lenkung erkennbaren
(Schwimmwinkel) verhindert werden. Man kann ahnen, dass Ingenieure in Prototypen dabei sind, diese Regelung längst z.B. mit Wankstabilisierung oder der elektronisch beeinflussten Dämpfung zu kombinieren.
Schwimm- und Gierwinkel-Beeinflussung |
Grundsätzlich möglich: gezielte, modulierte Bremsung einzelner Räder |
Achsweise Minderbremsung, z.B. bei überbremsender Hinterachse |
Bremsung eines Antriebsrades, mehr Drehmoment auf dem anderen |
Gezielte, modulierte Rücknahme des Motorschleppmoments |
Kreuzweiser Bremseneingriff, z.B. bei pendelndem Gespann |
Verstärkter Bremseneingriff, z.B. bei zu zaghaft gedrücktem Pedal |
Beibehaltung des Bremseneingriffs, z.B. kurz nach Unfall |
Simulation einer Allrad-Längs- oder auch Quersperre |
Trockenbremsung durch zeitweises Anlegen der Bremsbeläge |
Was bei ESP durch Bremseneingriff oft vergessen wird, ist die Möglichkeit, durch gezielte Beschleunigung vielleicht die gleiche notwendige Drehwirkung am Fahrzeug zu erzielen. Statt also durch Bremsen des
kurvenäußeren Vorderrades ein Übersteuern zu verhindern, kann das vielleicht auch durch mehr Drehmoment am kurveninneren geschehen, wenn es genügend Traktion, also nicht zu viel Wankwinkel hat. Das setzt
zumindest eine modulierbare Momentenverteilung bei der Antriebsachse voraus.
Die Methode bedingt also auf jeden Fall ein echtes Sperrdifferenzial, z.B. mit hydraulisch ansteuerbarer Kupplung nach links und rechts. Für vier Räder lässt sich das mit einem Allrad erreichen, bei dem z.B. Porsche
als Längssperre eine Magnetkupplung einsetzt. Als Belohnung des nicht geringen Aufwands winkt ein Fahrverhalten, das auch bei sportlichem Fahren dem eines Schienenfahrzeugs nicht unähnlich ist.
08/13
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